Dass das Thema VielFältig ein heißes Eisen ist, bekam ich heute abend zu spüren, als bei dem Vorbereitungs-Hangout inhaltlich die Fetzen flogen. Dabei ging es nicht mal um das Aufreger-Thema „Muslime und noch exotischere Religionen an unseren heimischen, deutschen Schulen“, sondern nur um die Verwandlung des herkömmlichen, konfessionellen Religionsunterrichts in einen „konfessionell kooperativen“ Unterricht und seine Folgen für die Identität junger Christen, für die Glaubhaftigkeit des Religionsunterrichts, und … und…
All dies soll / wird zur Sprache kommen im Online-Kurs, der am 15.2. beginnt. Wir hoffen, dass Sie diesen Kurs mit vielen neuen Informationen und Best-Practice-Ideen für Schulaktivitäten verlassen, die das Zusammenleben der unterschiedlichen Kulturen und Religionen verbessern. Und mit einem Zertifikat des Comenius-Instituts, sofern Sie sich aktiv am Kurs beteiligen.
Neben der inhaltlichen Bereicherung warten wie immer einige mediendidaktische Gimmicks und Apps darauf, von Ihnen entdeckt zu werden. Bei den Mini-Projekten gibt es Gelegenheit, diese auszuprobieren.
In diesem Sinn: Sofort da unten draufklicken!
Wenn Sie in Rheinland-Pfalz unterrichten und zusätzlich noch eine EFWI-Teilnahmebescheinigung anstreben, informieren Sie sich bitte hier.
Mit den smarten Geräten steigen die Ansprüche. Früher kehrte der Theologe (also zumindest ich) zu seinem Schreibtisch samt Bibeln, Konkordanzen, Wörterbüchern usf zurück, wenn eine Schriftpassage tieferschürfend untersucht werden sollte.
Heute sieht es anders aus: Egal, wo in der Walachei man sich gerade befindet: Sobald man mit einer bibeltextlastigen Situation konfrontiert ist oder einen theologischen Geistesblitz erlebt, ist es wünschenswert, nach dem Zücken des Smartphones mit der richtigen App feststellen zu können, ob der dazugehörige Bibelabschnitt existiert und das hergibt, was man von ihm vermutet.
Tatsächlich gibt es inzwischen einige leistungsfähige und kostenlose Android-Anwendungen. Ich habe hier einiges zusammengestellt, was man direkt durch Antippen der untenstehenden Thumbnails auf einem Mobilgerät installieren kann.
Eigentlich kann man damit nicht besonders viel machen, außer die brandneue Lutherbibel aufschlagen, lesen und durchsuchen.
Ich habe sie dennoch in den „Apparat“ aufgenommen, weil viele Leute, wenn sie nach einem bestimmten Abschnitt der Bibel suchen, den Luthertext im Kopf haben und darum in der Lutherübersetzung am schnellsten fündig werden.
Um tiefergehendere Forschungen anzustellen, ist es erforderlich, die gleiche Bibelstelle mit einer Studienbibel-App genauer unter die Lupe zu nehmen.
Diese App ist ideal für Leute, die Recherchen anhand einer deutschen Bibelübersetzung (Schachter) durchführen möchten. Dafür bietet sie ein umfangreiches Parallelstellenverzeichnis, mit dem sich Wortbedeutungen, Wortfelder, Kontexte und Parallelen erforschen lassen.
Außerdem ist es möglich, Lesezeichen zu setzen, Texte zu markieren, Kommentare zu schreiben, und sogar dem Schachter-Team neue (hoffentlich bessere) Übersetzungsvorschläge zu liefern.
Man muss sich beim Installieren der App ein Benutzerkonto bei der Societé Biblique de Genève einrichten. Grund: Alle Notizen, die man schreibt, können über dieses Konto mit allen Mobilgeräten, auf denen man die App installiert hat, synchronisiert werden: Einmal kommentiert – überall verfügbar und mit der betreffenden Textstelle verknüpft. Schick!
Die extrem Originaltext-genaue Elberfelder Bibel von 1905 liefert die Grundlage dieser Studienbibel-App. Neben dieser Ausgabe können weitere Bibeltexte zusätzlich installiert werden, zB die Schachter 2000 (welche allerdings 9 € kostet), vor allem aber als Studienhilfe die (kostenlose) Strong-Grundtextunterstützung.
Mit dem letztgenannten Werkzeug ist es möglich, Bibelverse auszuwählen und die ihnen zugrunde liegenden griechischen oder hebräischen Ausdrücke anzuzeigen, zu durchsuchen, kurzum: Die App liefert die Möglichkeiten eines (englischen) Wörterbuches und einer Originalsprachenkonkordanz.
Wer bei etwa gleichem Funktionsumfang der App noch näher am Urtext dran bleiben will, für den gibt es
habe ich nicht gefunden, aber für mich tut’s auch diese Website (die man sich auf das Mobilgerät herunterladen kann, um sie offline verfügbar zu haben).
Neben diesen direkt auf dem Mobilgerät zu speichernden und offline verwendbaren Werkzeugen gibt es noch drei zusätzliche Ressourcen aus dem Fundus der Deutschen Bibelgesellschaft, die als Website (nur) online verfügbar sind. Für einige dieser Features ist es erforderlich, dass man sich ein kostenloses Konto auf der dortigen Website einrichtet.
Diese Ressource liefert ausführliche und gründliche Informationen zu allen Büchern der Bibel: Entstehung, Inhalt, Autor(en) – und darüber hinausgehende Angaben.
Das WiBiLex ist ein kostenloses, gründlich recherchiertes, biblisch-theologisches Wörterbuch, das zwar nicht alle Begriffe enthält, die man sich wünscht, das aber bei seinen Infos weit über den Wikipedia-Flachsinn hinausreicht.
Diese Webadresse beamt den mobilen Nutzer zu einem Katalog weiterer, online verfügbarer Bibelausgaben, inklusive den neusten, wissenschaftlichen Textausgaben in den Originalsprachen.
Auch eine Septuaginta ist vorhanden.
Soweit mal meine Sammlung. Wenn ihr noch weitere, ultimative Exegese-Apps oder -Werkzeuge für Android-Smartphones oder -tablets kennt, schreibt mir einen Kommentar!
Nachtrag
Nachdem mich meine Endorphine infolge der heutigen Entdeckung komplett weggespült hatten, kann ich unser Glück immer noch nicht fassen:
– also die Übertragung des Alten Testaments von Martin Buber und Franz Rosenzweig ins Deutsche -, dh die mit Abstand genaueste und poetischste (ja, das AT ist durch und durch poetisch!) deutsche Übersetzung, ist (zwar nicht offline als App verfügbar, aber immernin) vollständig online, mit Suchfunktion und allem, was dazugehört!
„Die Schrift“ ist der ganz große Gegenentwurf zu Martin Luthers Bibelübersetzung: Während dieser mit großem Erfolg die seinerzeit dem normalen Volk nicht zugänglichen heiligen Schriften zugänglich machte, indem er sie in ihre Alltagswelt übersetzte (auf Kosten ihrer ursprünglichen Einbettung in die Welt des Judentums), unternimmt „Die Schrift“ als großes Werk des Expressionismus des 20. Jahrhunderts genau das umgekehrte: Die Möglichkeiten der deutschen Sprache werden bis an ihre Grenzen ausgereizt, indem man möglichst viele Elemente des hebräischen Originals durchscheinen lässt – und eine fremdartige und doch so verwandte Welt tut sich auf. Viele in der Lutherübersetzung seltsam klingende Textstellen werden auf einmal luzide und verständlich.
Wie wir alle wissen, wurde Donald Trump als dingsundvierzigster Präsident der USA gewählt. Über seine religiöse Kompetenz hat sich schon ein anderer, prominenter Christ recht deutlich geäußert – anlässlich des geplanten Mauerbaus an der mexikanischen Grenze. Ich möchte hier nur ergänzen, dass sich Trump außerdem für Folter, Selbstjustiz und exzessiven Waffengebrauch – auch von Atombomben – stark gemacht hat.
Was mich zum Schreiben dieses Artikels bewegt, ist eine in den Medien kaum erwähnte Beobachtung des Wählerverhaltens der einzelnen, US-amerikanischen Religionsgemeinschaften.
Während sich Nichtgläubige und Anhänger anderer Religionen für Hillary Clinton aussprachen, stimmten die Christen mit großer Mehrheit für den Gewalt- und Folterbefürworter. Ganz besonders taten sich dabei die (weißen) Protestenten, Mormonen und vor allem die „in Christus Wiedergeborenen“ – also ganz grob gesprochen: Die Hardcore-Evangelischen hervor.
Wie blöde dürfen Christen eigentlich sein?
Haben diese Leute jemals das Evangelium gelesen? Wahrscheinlich nur sehr selektiv, indem sie alle Stellen wegließen, in denen sich Jesus äußerte. Es könnte auch sein, dass ihnen der Transfer nicht gelingt von Jesusworten wie zB „Wer zum Schwert greift, der wird durch das Schwert umkommen“ (Mt 26.52) hin zu „Wer zum Sturmgewehr und zur Wasserstoffbombe greift, wird durch selbige umkommen“?
Nun sollen ja viele Ungebildete unter den Trump-Wählern sein, aber es gibt einen Punkt, an dem Doofheit nicht mehr als Entschuldigung ausreicht – zB wenn es in echt Verletzte und Tote gibt.
Sind also die amerikanischen Christen überhaupt noch Christen, wenn sie sich bei einer Wahl für den barbarischen Kandidaten, also den „Türcken nach dem Geiste“ entscheiden und so unseren Herrn Jesus verraten?
Und was blüht solchen Verrätern – also von Gott her?
Ich meine, aus der Entfernung und ohne von ihrem Handeln bzw ihrer Wahl näher betroffen zu sein, kann man die christlichen Trump-Wähler vielleicht als Deppen abtun, die sich vermutlich selbst am meisten geschadet haben. Aber wenn es hart auf hart kommt und wir machtlos miterleben müssen, wie auch uns die Auswirkungen ihrer Wahl schwer in Mitleidenschaft ziehen – wenn wir selbst unter den Folgen leiden -, dann wird unsere Glaubensüberzeugung ernsthaft auf die Probe gestellt.
Das Fegefeuer? Logisch!
Wie steht es eigentlich mit unserer Vorstellung vom Gericht Gottes?
Glauben wir,
dass ein Christ niemals für das, was er verbricht, zur Rechenschaft gezogen wird?
dass ein Christ, wenn er schwer sündigt, in der Hölle („Gottesferne“) landet statt wie erwartet im himmlischen Paradies?
… oder dass er wegen seines nichtigen, niemals bereuten Tuns im Nichts endet, also als tote Asche in der Urne?
dass er, weil er ja doch irgendwie an Gott glaubt, auch (nach Röm 8,1) zu Gott gelangen wird – allerdings erst nach einer umfassenden Reinigungsprozedur?
Wenn man sich an die erste Möglichkeit hält, bricht alles, was man so unter christlicher Ethik versteht, in sich zusammen: Was ist gut, was böse, wenn es am Ende ja doch egal ist?
Man kann zwar argumentieren, dass Jesus für Liebe, Vergebung und Verzicht auf Gewalt war und wir ihm deshalb nachfolgen sollen … aber warum? Wenn ich doch mit der Trump-Masche (lügen, Ängste und Hass sähen, Gewalt entfesseln) ohne Konsequenzen viel weiter komme? Wo liegt dann der Nutzen?
Möglichkeit Nummer Zwei spricht von allen das härteste Urteil.
Auch wenn man die Hölle ein wenig renoviert, damit sie von außen her nicht ganz so grausig aussieht – wenn bei Gott alles Schöne und Gute im Himmelreich reserviert ist, dann bleibt für die Hölle nur ein Abgrund des Schreckens übrig.
Und wer weiß denn so genau: Ob ich nicht vielleicht selber Sünden begangen habe, die schwer genug sind, um dort unten zu landen? Wenn Zusagen wie Röm 8,1 unsicher sind, dann wird das Christentum zur Angstreligion.
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[spoiler title=’Punkt 3′ style=’purple‘ collapse_link=’true‘]Möglichkeit Nummer Drei ist eine leicht abgeschwächte Variante von Möglichkeit Zwei: Entweder ich komme als Christ, der nicht allzuviele unbereute Sünden begangen hat, in den Himmel, oder meine Existenz endet mit dem Tod.
Damit mag man sich abfinden, aber irgendwie stört es doch, dass ein versagender Christ nicht besser dran ist als jemand, der Gott komplett ablehnt – er hat also umsonst geglaubt, und das Jesuswort zur Taufe Mk 16,16 ist dann bedeutungslos.[/spoiler]
Die „kleine Klausel“ bei der universalen Heilszusage für alle Christen ist nichts anderes als das, was man seit dem Mittelalter das „Fegefeuer“ nennt.
Schon der Apostel Paulus ebnete den Weg dorthin, indem er sagte, dass auch die Sünder in den Himmel kommen. Allerdings würden ihre Taten zuvor im Feuer geläutert, und nur, was gut war, bliebe erhalten (1. Kor 3,13-15). Der Sünder selber ererbe nach dieser Prozedur seinen Platz im Himmel – ganz gleich, wieviel von seinen Werken „überlebe“.
Mit dieser Theorie übernimmt Paulus Worte aus dem Propheten Maleachi (3,2f).
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Bild von Andreas Faessler. Lizenz: CC BY-SA 4.0
Das Fegefeuer hat eine Menge Vorteile: Es ist logisch: Es behebt den Widerspruch zwischen der göttlichen Heilszusage für alle Christen und dem Wunsch nach ausgleichender Gerechtigkeit – zB in Bezug auf Trump wählende Katholiken (weil das Fegefeuer im Bereich des Katholizismus nach wie vor gültige Kirchenlehre ist).
Außerdem ist der Gedanke der postmortalen Reinigung auch in anderen Religionen verbreitet, zB als Karma.
Ferner wiesen katholische Theologen darauf hin, dass sich die innere Logik einer solchen, seelischen Reinigung durchaus von der verbreiteten Horrorvorstellung des Fegefeuers unterscheide. Das Feuer des Purgatoriums sei ja nichts anderes als das Feuer der Liebe Gottes – und da müsse, ja wolle die sündige, aber auch gläubige Seele hindurch, um ganz rein und selig zu werden und bei Gott zu sein.
Natürlich besitzt das Fegefeuer auch einige Nachteile: Es kann ausgeschmückt und als Horrorvorstellung zwecks Disziplinierung der Gläubigen missbraucht werden.
Der Thesenanschlag von 1517. Holzstich nach J.J. Kirchhoff, 1872
Ganz hässlich wird es dann, wenn man zur Illustration der Unannehmlichkeiten Ketzer oder Hexen ermordet, indem man sie dem „reinigenden Feuer“ übergibt. Oder mit Hilfe von Ablässen (von „zeitlichen Fegefeuerstrafen“) geschäftsmäßig Leute abzockt.
Sowas kann zu lutherischen Anschlägen und nachhaltigen Reformationen führen!
Martin Luther wies auch auf den zweiten, großen Nachteil der Fegefeuer-Vorstellung hin: Sie ist zu dünn in der Bibel bezeugt.
Zurück auf Start
Der Umstand, dass die Existenz des Fegefeuers weniger durch das biblische Zeugnis, sondern vielmehr durch das christliche Gerechtigkeitsempfinden gestützt ist, bringt mich auf die Ausgangsfrage zurück:
Wie steht’s denn nun mit der göttlichen Gerechtigkeit?
Ähnlich wie bei Gott selbst müssen wir genau unterscheiden zwischen unseren Bildern, Vorstellungen und Wünschen, unseren Hirnkonstrukten, und der Realität dort draußen in der „Welt an sich“.
Ich weiß nicht hundertprozentig sicher, ob ich mit meiner Auffassung von christlicher Ethik richtig liege – oder nicht vielleicht doch die frommen Hobbyschützen, die Trump gewählt haben. Und ob Gottes Ausübung seiner Gerechtigkeit sich mit meinen menschlichen Vorstellungen deckt, weiß ich noch viel weniger.
Nichtsdestoweniger vertraue ich darauf, dass Gott seine Gerechtigkeit walten lässt, die aber eine Ecke kniffliger und subtiler – und vor allem gnädiger – zu sein scheint, als es sich des Menschen Geist erdenkt – wie in Röm 3,21ff dargestellt. Sie rettet den Gläubigen, zieht ihm aber auch die Hosen runter, und jede menschliche Selbstbeweihräucherung ist ausgeschlossen. Wer diese Bewegung schonungsloser Liebe und Güte mitmacht, all seinen selbstherrlichen Überzeugungen und Mythen absagt und sich in den Dienst an den Menschen stellt, der tut warhaft Buße.
Und wer von den Getauften (oder Wiedergeborenen) dies nicht tut … nun, der stellt sich quasi freiwillig als Kontrastmittel für Gottes Gerechtigkeit zur Verfügung – und die zu vollziehen, das sollte man wirklich Gott überlassen.
Denn wir haben nicht den Auftrag, Gottes Zorn zu verwirklichen, sondern seine Güte. Möglichst so zu leben, als ob wir schon im Himmel wären, friedliebend, sanft, voller Wertschätzung und Solidarität anderen, besonders den Schwächeren gegenüber, und so gewaltlos wie es irgend geht. Denn das Reich Gottes hat mit Jesus schon begonnen.
Zur Güte gehört übrigens auch der Auftrag, Glaubensgeschwister zu challengen, wenn sie andere respektlos behandeln, herabwürdigen oder ihnen Gewalt antun – oder Leute an die Macht spülen, die genau das verlangen bzw provozieren.
Was ich hiermit erledige:
Trumpestanten!
Jesus hat euch gerade die Hosen runtergelassen. Geht in euch, denn das sieht gar nicht gut aus!
Es gibt einen neuen, sehr mächtigen WordPress-Plugin für Lehrkräfte, mit denen Lernspiele à LearningApps direkt per Blogging erstellt (und von anderen Lehrkräften heruntergeladen oder übernommen) werden können: H5P.
Hier ein in drei Minuten zusammengeschustertes Beispiel:
Ein Videochatraum via H5P …
… klappt irgendwie nur, wenn man durch klicken des appear.in-Logos in die appear.in-Hauptanwendung wechselt. – Dafür braucht man aber H5P nicht… (?!)
Tablet: Pixabay CC0 ♦ Symbole: In Handarbeit erstellt durch Freepik
Seit längerem erlebe ich ein Ringen im religionspädagogischen Bereich. Es wird darum gekämpft, SchülerInnen mit Online-Methoden die Welt des Glaubens zu erschließen.
Online-Material-erstellende Nerds, Verlage, Schulfernseh-Anbieter und andere würden ihre Perlen und Schätze gerne im Unterricht zur Geltung bringen, doch ach: Das Schulsystem und die Lehrkräfte sind oft noch nicht im digitalen Zeitalter angekommen.
Während man daheim am PC (und de facto auch in der Schule, via Smartphone, dessen Verwendung von vielen Schulleitungen offiziell verboten wurde) die Datenautobahn mit Wikipedia, Onlinewörterbüchern und tausend anderen Helferlein benutzt, bewegt man sich an den meisten Schulen auf der analogen Schmalspurbahn. Denn dort haben Ministerien und Verlage das Sagen: Die einen verhindern aus Furcht vor Medienmissbrauch, die anderen aus wohlerwogenen, wirtschaftlichen Interessen den Umzug in die informationstechnologische Neuzeit.
Daran haben zB meine Töchter schwer zu tragen:
Kiloweise Schulbücher, Atlanten, Hefte, Arbeitsblätter, in Heftern bzw. Ordnern zusammengefasst, Schreibzeug, transportier(t)en sie Tag für Tag von zuhause zur Schule und retour. Nun gibt es Spinde an ihrer Schule, was das Problem lindert, aber nicht wirklich löst. Denn zu jedem Schuljahresbeginn muss man in Rheinland-Pfalz erneut tief in die Tasche greifen, um diese leider so gar nicht OERlichen Materialien zu erwerben.
„Bring Your Own Device“ ist derzeit ein trendiges Zauberwort: Da setzt sich eine charismatische, technisch affine Lehrkraft zusammen mit ihren begeisterten SchülerInnen einfach mal über die dummen Beschränkungen hinweg: Sie verwenden die Smartphones / Tablets / Computer der SchülerInnen als Unterrichtsmittel.
Dies funktioniert genau so lange, wie sich niemand beschwert – zB
weil die neuen Schul-Apps/Daten das Smartphone an den Rand der Speicherkapazität bringen,
weil sich gewisse extrem technikaffinen Schüler (wie manchmal gemunkelt wird) per BYOD ins das von der Lehrkraft nur ungenügend oder gar nicht abgeschirmte Schulnetz hackten,
weil so ein Mini-Smartphoneschirm auf die Dauer Seh- und Haltungsschäden hervorruft,
weil niemand dazu verpflichtet werden kann, bei BYOD mitzumachen
weil einige Eltern diese Inanspruchnahme familiären Eigentums nicht sonderlich schätzen.
BYOD ist der schnellstmögliche Weg, dem oben beschriebenen, strukturellen Missstand in der eingenen Lerngruppe effektiv abzuhelfen.
Doch sowohl von der Schule her – aus Sicherheitsgründen – als auch von Schülerseite her – wegen des Schutzes von Privatsphäre und Eigentum – halte ich BYOD für ein unsicheres Konzept, das von heute auf morgen Makulatur werden kann.
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Schülertablet – Pros und Contras
Eine sichere Lösung bestünde darin, die Anschaffung eines Tablets vorzuschreiben, das speziell für den unterrichtlichen Gebrauch bestimmt ist. Dies bringt Vor- und Nachteile mit sich.
Ich werde zunächst die Nachteile aufzählen, damit die Vorteile später um so heller aufstrahlen können.
Ein Schülertablet kostet einen Haufen Geld.
Theoretisch könnte man SchülerInnen ein Chinabillig-Tablet für 100 € in die Hand drücken, aber ein solches Gerät würde kaum den schulischen Sicherheitsanforderungen genügen. Sobald die SchülerInnen es den alltäglichen Erschütterungen ihres jugendlichen Lebens aussetzen, hat es einen oder mehrere Sprünge im Display. Außerdem würden es finanziell wenig betuchte Neubesitzer womöglich verticken, es als verloren melden und auf ein kostenloses Ersatzgerät hoffen.
Darum muss es sich bei dem Schülertablet um eine relativ kostspielige, personalisierbare Spezialanfertigung handeln. Mehr dazu weiter unten!
Tablets, die auf den unterrichtlichen Einsatz hin konzipiert sind, sind uncool
Auch ein Stück ausgefeilter Hardware ändert an der Wahrheit hinter dem Sprichwort nichts: „Was in der Schule verboten ist, macht Spaß und ist cool.“ Dagegen kommt auch das vergnüglichste Stück Schulsoftware nicht an, eben weil es Schulsoftware ist.
Lehrkräfte müssen sich radikal in ihrer Methodik umstellen Zumindest würde jeder gewaltige Potentiale verschenken, der die alten Frontalmethoden des Unterrichtens in Tablet-Klassen beibehält.
Tablets lassen die haptischen Kompetenzen der SchülerInnen verkümmern
Im herkömmlichen Unterricht arbeiten SchülerInnen mit einer Vielzahl an Instrumenten und Materialien: Es wird in Hefte und auf die Tafel geschrieben, es wird in unterschiedlicher Weise gemalt, geklebt, geschnitten, gedruckt, projiziert, und vieles mehr.
Am Tablet wird nur mehr getippt und gewischt.
Allerdings kann man auch auf Tablets mit Schreibschrift schreiben – eine fortgeschrittene Texterkennung macht’s möglich -, und ein Pädagoge, der seine SchülerInnen tatsächlich ausnahmslos auf das Arbeitsmittel „Tablet“ beschränkt, ohne Eskapaden zu analogen Möglichkeiten der Kreativität zu unternehmen (Schneiden, Kleben, Schrauben usw), sollte an seiner Methodenvielfalt echt noch arbeiten.
Tablets machen abhängig von digitaler Hochtechnologie, von Konzernen, Internet und Globalisierung
Die Idee hinter dieser These ist: Falls über Deutschland einmal ein großer, längere Zeit andauernder Stromausfall hereinbrechen würde, wäre es nicht nur mit dem zentralen Schüler-Lernwerkzeug aus und vorbei, sondern auch die völlig auf „digital“ ausgerichteten Lernkompetenzen der SchülerInnen würden auf einen Schlag unbrauchbar.
Wer dagegen nur ein Heft, Füllfederhalter und Tinte zum Memorieren benötigt, braucht (zumindest tagsüber) keine Blackouts zu fürchten.
Ich vermute zwar, dass bei dem durch einem landesweiten Stromausfall ausgelösten gesellschaftlichen Chaos das Thema „Lernkompetenzen“ kaum noch eine gewichtige Rolle spielen wird, aber egal: Gehen wir zum nächsten Argument über:Tablets sind hochtechnologische Produkte. Wer sie zum wichtigsten Unterrichtswerkzeug macht, begibt sich in die Abhängigkeit von Prozessorherstellern wie AMD oder Intel, von Google oder Microsoft, von Apple, Samsung & co.
Das TERRA PAD 1040 EDU der Wortmann AG
Man unterstützt die großen Konzerne, die Monopolisierung des Kapitals, den Abbau seltener Erden im Kongo, und so weiter.
Der letzte Punkt trifft nur bedingt zu. So hat ausgerechet ein deutscher Hersteller, von dem kaum je einer gehört hat, ein für Schüler-Verhältnisse optimiertes Edu-Tablet entwickelt, welches zumindest einige der unten folgenden Anforderungen bereits erfüllt (s.u.).
Ein Tablet kostet weniger als ein Haufen Schulbücher
Dies gilt vor allem dann, wenn die Schulsoftware aus OER besteht. Aber selbst wenn Schulbuchverlage hochwertige Lernsoftware für Schülertablets kommerziell vertreiben, sollte durch Ressourceneinsparung (Papier- und Druckkosten) – über mehrere Schuljahre hinweg gerechnet – ein Einsparungseffekt erzielt werden können.
Mit Hilfe von Tablets wird der Unterricht verbindlicher und transparenter
Entscheidend für eine in diesem Sinne verbesserte Unterrichtsorganisation ist ein einheitliches, auf allen Tablets vorhandenes Lernmanagementsystem, das von den Lehrkräften moderiert wird: Sie übermitteln zB die Hausaufgaben online. SchülerInnen, die ihre Aufgaben vergessen haben, können sie via Tablet aus der Cloud abrufen. Und wo der Wille fehlt, dies zu tun, gibt es auch einen Elternzugang. Dadurch herrscht Klarheit über das, was die Lerngruppe erarbeitet – welches umgekehrt die Lehrkräfte dazu zwingt, sich bei Tests auf Stoffe zu beschränken, die in den Hausaufgaben und den Aufzeichnungen der SchülerInnen wirklich dokumentiert sind.
Tablets tun den Schülerrücken gut
Für mich ein extrem wichtiger Punkt: Wer nicht jeden Tag fünfzehn Bücher in die Schule und wieder nach Hause schleppen muss, führt ein leichteres Leben in seinem Bildungs-Biotop, erlebt Schule viel positiver und macht seinen Abschluss nicht mit einer Rückgradverkrümmung oder anderen Haltungsschäden.
Tablets kosten ein wenig Strom und sparen Unmengen an Papier Zweifellos verbrauchen Tablets wertvolle Ressourcen – Energie vor allem – auch wenn die Durchschnitts-Strom-Jahreskosten für ein Gerät, das jede Nacht aufgeladen wird, derzeit gerade einmal 5 Euro betragen. Verglichen damit muss meine Tochter allein für kopierte Arbeitsblätter ein Vielfaches an die Fachlehrkräfte ihrer Schule zahlen. Kurzum: Tablets sind erheblich ressourcensparender als Folien, Papiere, Stifte, und was man sonst so für analogen Unterricht anschafft.
Tablets eröffnen eine Vielzahl neuer Möglichkeiten des Lernens
Dies ist sozusagen die Sonnenseite des Contra-Arguments „Lehrkräfte müssen sich radikal in ihrer Methodik umstellen“: Es gibt so viele Möglichkeiten, mit Hilfe von Tablets offene Unterrichtsmethoden zu initiieren, bei denen die SchülerInnen wirklich zu den Subjekten des Lernens werden. Die Lehrkraft muss ihre SchülerInnen nicht mehr unterhalten, sondern kann sich im Sinne eines offenen Unterrichts auf das Moderieren, Initiieren und Lenken von Lernprozessen beschränken und mit ihrer Lerngruppe faszinierende Projekte realisieren, die die SchülerInnen ihr Leben lang nicht vergessen werden.
Schülertablets müssen extrem stabil sein. Tausende von gesprungenen Teenie-Smartphonedisplays sprechen eine deutliche Sprache. Auch die Anschlüsse für Ladekabel müssen einiges aushalten.
Das Terra PAD 1040 EDU mit Gummi-„Bereifung“ und Tastatur
Die oben schon erwähnte Wortmann AG produziert bereits ein Modell, das als Prototyp für ein zukünftiges Schülertablet geeignet ist:
Das TERRA PAD 1040 EDU 2in1 (STF) besitzt ein gehärtetes, großes 10,1“ Display und einen Erschütterungsschutz, der das Gerät einen Sturz vom Tisch unbeschädigt überstehen lässt. Darüber hinaus wird es inklusive einer Dockingstation und einer Tastatur mitgeliefert, wodurch das Gerät in ein Notebook verwandelt werden kann, sowie einen Eingabestift für handschriftliche Eingaben oder zum Zeichnen besitzt.
Die Kamera verfügt über eine Mikroskopierfunktion. Ebenso ist das Gerät mit einem HDMI-Anschluss und mit Temperaturfühlern ausgestattet, was viele Möglichkeiten im NaWi-Bereich eröffnet.
Was derzeit allerings fehlt, sind ein GPS-Modul sowie eine 3G/4G-Schnittstelle (mobiler Breitbandzugriff). Zumindest das GPS-Modul wäre eine große Hilfe in Sachen Schülermobilität sowie für Outdoor-Aktivitäten.
Im Preis inbegriffen ist eine Windows 10 Education Software-Suite nebst weiterer Lernsoftware.
Nach heutigen Begriffen ist dies eine Erste-Sahne-Ausstattung. Ich sehe diese Softwarekonfiguration dennoch für das Schülertablet der Zukunft als ungeeignet an, weil die Software auf einem solchen Gerät viel stärker gebündelt und klassen- bzw. kurszbezogen vereinheitlicht sein sollte.
Nichtsdestoweniger sind beim Terra PAD schon viele Hardwareanforderungen erfüllt. Auch der Preis von 400 € für das komplette System geht voll in Ordnung.
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[spoiler title=’Empfehlungen zur Systemkonfiguration‘ style=’steelblue‘ collapse_link=’true‘]
Empfehlungen zur Systemkonfiguration
Eine einheitliche, nicht-offene Arbeitsoberfläche
Unabhängig davon, welches Betriebssystem das Tablet haben wird: einen frei konfigurierbaren Windows-Desktop sollte es nicht besitzen. Dieser könnte allenfalls als private Zweit-Benutzeroberfläche anwählbar sein. Entscheidend ist jedoch, dass alle Geräte eine einheitliche Bedienungsführung besitzen. Es wäre fatal, wenn sich Schüler zu Beginn der Stunde erst einmal auf die Suche nach verschwundenen Icons bzw. Desktopverknüpfungen machen müssten.
Jugendschutz und Schutz der Privatsphäre
Um geltenden Gesetzen Geltung zu verschaffen sollte das System über einen diskreten, aber effektiven Jugendschutz verfügen. Mögliche Features:
Viren- und Adwareschutz
Schutz vor jugendgefährdenden oder bösartigen Websites
Das Gerät protokolliert alle mit ihm gemachten Bild- und Tonaufzeichnungen und speichert diese in einem normalerweise unzugänglichen Cloud-Ordner. Dieser Ordner darf nur in Extremfällen (zB wenn der begründete Verdacht auf Mobbing via Tablet besteht) und nur mit der Erlaubnis der Eltern eingesehen werden.
Ggf. Schutz vor exzessiver Benutzung: Bei mehr als 10 Stunden Benutzung am Tag gibt das Gerät eine Warnung aus und schaltet sich nach 12 Stunden pro Tag ab.
Im Gegenzug zu diesen Einschränkungen muss ein effektiver Schutz der Privatspähre des Lernenden gewährleiset sein. Eine umfassende Aktivitätenkontrolle, wie sie von der Microsoft-Bildungssystemsoftware zur Verfügung gestellt wird, ist ein No-Go. Die SchülerInnen müssen die Gewissheit haben, dass ihre Daten – außer in Extremfällen – nicht von der Schule oder anderen Institutionen mitgelesen werden.
Personalisierung
Um einen Missbrauch der Schülertablets zu verhindern, müssen diese Geräte strikt personalisiert werden, mit dem Ziel: Keiner außer der registrierte Benutzer des Tablets sollte etwas mit der Maschine anfangen können.
Gut wäre also eine Entsperrung via Fingerabdruck und eine Lockwatch-ähnliche Diebstahlsicherung (was natürlich ohne ein 3G-Modul wenig Sinn macht), die sich innerhalb von Sekunden unauffällig aktivieren lässt.
Natürlich sollte die Personalisierung auch klassenintern funktionieren – dass zB alle Datenübertragungen vom Schüler Max immer in seinem Cloud-Bereich landen. – Solche Dinge regeln die besseren Lernmanagementsysteme heutzutage automatisch.
Selbstbestimmung und Fremdbestimmung bei der Systemkonfiguration
SchülerInnen oder – horribile dictu – Lehrkräfte in rufschädigenden Situationen abgelichtet, das Foto im Internet abrufbar – dies ist der Alptraum vieler Lehrkräfte und Schulleitungen. Darum existiert eine weitverbreitete Aversion gegen „bildgebende Modalitäten“ in Schülerhänden.
Dieser Missbrauch muss auf einem Schülertablet ausgeschlossen sein. Jedoch besteht gerade einer der größten Vorteile von Tablets darin, dass man damit so unkompliziert Fotos, Videos und Tonaufnahmen machen kann.
Die Lösung für dieses Dilemma besteht in einer gestaffelten Rechtevergabe bei der Systemkonfiguration eines Schülertablets. Meine Vorstellung geht dahin, dass es
Benutzerrechte für Schüler gibt (zB das Recht, den Desktop zu gestalten und gewisse Apps zu installieren)
übergeordnete Moderatorenrechte für Klassen- und Fachlehrkräfte (zB das Recht, die Kamera eines Tablets zu deaktivieren bzw aktivieren, das Recht, fachbezogene Materialien auf den Geräten der gesamten Lerngruppe zu installieren, etc.)
Moderatorenrechten übergeordnete Administratorenrechte des Schul-Systemoperators (zB das Recht, geänderte WLAN-Verbindungsangaben anzupassen und Schulnetzwerkrechte zu vergeben).
Natürlich sollte ein Schülertablet eine schnelle Internetrecherche besitzen. Man könnte hinter dem betreffenden Button ein kleines Menü für Textsuche, Bilder- und Videosuche, Wikipedia-Suche, o.ä. einrichten.
Kamera und Rekorder
Dies sind extrem wichtige Werkzeuge, die sowohl im Unterricht als auch an außerschulischen Lernorten schnell aktivierbar sein sollten.
Wie man Gefahren des Missbrauchs begegnen könnte, habe ich weiter oben zu beschreiben versucht.
Medien
Das distanzierte Verhältnis von Jugendlichen zu „Dienstgeräten“ könnte aufgebrochen werden, wenn diese die Möglichkeit hätten, ihre persönlichen Musiktitel/Filme auf dem Schülertablet zu speichern, und zwar in einem von den schulbezogenen Medien streng geschiedenen, privaten Bereich.
Wecker
Ein gut funktionierender Wecker ist für das SchülerInnenleben unabdingbar. Darum gehört ein solcher auf den Schirm eines Schülertablets. Besonders nützlich wäre es, wenn sich dieser mit dem Kalender-Werkzeug (s.u.) synchronisieren ließe.
Auch Stoppuhren, sowie Countdowns sind manchmal nützlich.
Kalender
Google hat mit seinem Kalender vorgeführt, was man heutzutage tolles mit solchen Werkzeugen machen kann – wie sich Termine mit Orten, Erinnerungen (s.o., „Wecker“), Materialien verknüpfen lassen, wie zB eine Lehrkraft alle wichtigen Termine aus dem Elternbrief mit ihren SchülerInnen und deren Eltern mittels eines speziellen Kalendermoduls teilen kann, wie sich wichtige Veranstaltungen promoten lassen – all dies sollte auch auf dem Kalender des Schülertablets ebenfalls funktionieren.
Soziale Netzwerke
sind für SchülerInnen heutzutage nicht mehr wegzudenken, gelten aber bei vielen Schulleitungen und Kultusministerien als böse. Da die meisten Sozial-Apps (zB WhatsApp) geräteabhängig sind, würden sie wohl nur selten auf dem Schülertablet als Zweitgerät eingerichtet werden.
Eine vorinstallierter, geräteabhängiger „Dienst-Messenger“ wie zB Threema würde gewährleisten, dass jede/r BesitzerIn eines Schülertablets mit anderen SchülerInnen sicher kommunizieren kann.
Bezüglich geräteunabhängiger Netzwerkenkonten wie zB bei Facebook sollte wenigstens die Möglichkeit bestehen, dass SchülerInnen die dazugehörige App in einem privaten Bereich installieren und verwenden können.
Kontakte
Die Kontaktliste bietet die Möglichkeit, SchülerInnen von vornherein eine Vielzahl von Ansprechpartnern für spezielle, knifflige Situationen zur Verfügung zu stellen, die sie ohne diese Hilfe nicht finden würden.
Außerdem sollte auch hier ein Bereich für rein private Kontakte existieren, auf den Lehrkräfte im Normalfall keinen Zugriff besitzen.
Tools und Spiele
Auch hier wäre es gut, wenn es eine Trennung von schulischem und privatem Bereich gäbe.
Im schulischen Bereich sind gewisse Werkzeuge vorinstalliert, die jahrgangsstufen-übergreifend immer wieder eingesetzt werden müssen, zB der Taschenrechner, Vokabeltrainer, Lernspiele, etc.
Im privaten Bereich können weitere Spiele, o.ä. installiert werden.
Präsentationsmodus
Eine Funktion, die nicht fehlen darf, ist der „Präsentationsmodus mit einem Tap“:
Die Tablets sollten im Klassensaal so vernetzt sein, dass der betreffende Schüler bzw die Schülerin sich mit dem einmaligen Antippen des dazugehörigen Icons auf den Klassen-Beamer bzw den Projektor des Whiteboards aufschalten kann – vorausgesetzt, die anwesende Lehrkraft hat die Freigabe erteilt.
Mobilität
Ein Punkt, der bei dem Terra PAD von Wortmann offenbar keine Berücksichtigung fand, sind die Mobilitätsbedürfnisse von SchülerInnen. Dies reicht vom Sich-Zurechtfinden an außerschulischen Lernorten per GPS über Besuche bei MitschülerInnen mit bisher unbekanntem Wohnort bis hin zu größeren Reisen in selbstgewählten, öffentlichen Verkehrsmitteln, wofür es schon jetzt einige exzellente, kostenlose Apps gibt:
Das Herzstück der Tablet-Software besteht jedoch in dem Online-Lernmanagementsystem (LMS), welches für die SchülerInnen in Form von mehreren Tablet-Apps in Erscheinung tritt. Diese werden weiter unten aufgeführt.
Zur Zeit gibt es ganz unterschiedliche, sehr leistungsfähige Lernmanagementsysteme, die sich ihrem Zuschnitt unterschieden. Die meisten simulieren Präsenzkurse und -Seminare an Universitäten und sind sehr stark inhalts- und lernzielorientiert.
Ich empfehle für das Schülertablet ein anderes Konzept, das derzeit am besten von Edmodo verwirklicht wird. Bei Edmodo steht nicht das Erreichen von Kurszielen im Vordergrund, sondern der Lernweg des einzelnen Schülers, der von der Lehrkraft mit Hilfe des LMS begleitet und unterstützt wird. Dabei besitzt Edmodo eine ähnliche Benutzeroberfläche wie Facebook, was vielen SchülerInnen und Lehrkräften bekannt vorkommen dürfte, und zeichnet sich aus durch
die Möglichkeit, auf dem PC, auf Tablets und auf Smartphones (als App) zu laufen
ein Posting-System, das mit einer niedrigen Datenübermittlungsrate auskommt
einem guten Sicherheitskonzept, das nichtmündige SchülerInnen und ihre Eltern angemessen berücksichtigt
einem umfassenden Angebot an Erweiterungsmöglichkeiten (Lernspiele, Tutorials, Medien, usw)
Lehrkräfte können mit Edmodo ihr komplettes Schülermanagement abwickeln, von der Hausaufgabenstellung bis zur Benotung – allerdings nach amerikanischen Richtlinien.
Kurzum: Edmodo (oder ein nachgebautes System) müsste auf deutsche Verhältnisse hin optimiert und um- bzw. nachprogrammiert werden und natürlich auf deutschen Servern laufen, um auf Schülertablets eingesetzt zu werden.
Ein solches LMS würde sich zuallererst in der folgenden Tablet-App zeigen:
Hausaufgaben
In dieser App werden nicht nur Hausaufgabenaufträge übermittelt, sondern über diesen Kanal läuft auch die Kommunikation zwischen Lehrkraft, SchülerInnen und Eltern, nach dem Schema:
Die Lehrkraft kann sich an die SchülerInnen und Eltern wenden (zB beim Übermitteln von Hausaufgaben oder von Lernstoff für Klassenarbeiten)
Die Lehrkraft kann sich an die Lerngruppe (unter Ausschluss der Eltern) wenden.
Die Lehrkraft kann sich an einzelne SchülerInnen wenden.
Ein Schüler kann sich nur an die Lehrkraft wenden.
Durch eine solche Kommunikationsstruktur wird gesteigerte Transparenz erreicht: Die Lehrkraft leistet gegenüber SchülerInnen und Eltern Auftragsklärung bezüglich der zu erledingenden Aufgaben und des zu lernenden Stoffs für Tests. Die Eltern werden in die Pflicht genommen, sich um die Erledigung dieser Aufaben zu kümmern, da sie sie einsehen können. Umgekehrt müssen Lehrkräfte sich bei Tests an den vorher dokumentierten Lernstoff halten.
Außerdem erhalten SchülerInnen die Möglichkeit, sich bei Problemen bei der Lehrkraft zu erkundigen und sich individuell helfen zu lassen, auch abseits des Klassenraums und Stundenplans.
Schulbücher und Arbeitsmaterialien
Die Möglichkeiten digitaler Kommunikation eröffnen ganz neue, interaktive Bildungsformate und Möglichkeiten der Kreativität. Solange das (analoge) Schulbuch noch der Maßstab aller Dinge ist, gibt es (wenn überhaupt im Fach Religion) zumeist nur die PDF-Entsprechungen der gedruckten Religionsbücher, vielleicht mit ein paar Links und Video-Einbettungen online zu lesen/bearbeiten. Sobald aber das Tablet zum Medium für Unterrichtsmaterialien werden sollte, wird sich dieser Zustand radikal ändern: Der Wettbewerb um den „Platz auf dem Tablet“ wird die Anbieter von kommerziellen und OER-Materialien dazu zwingen, vielfältige, interaktive, und hoffentlich auch hochklassige Materialien anzubieten.
Diese werden – wie das zB jetzt schon bei dem Material, welches von Planet Schule angeboten wird, möglich ist, direkt über Deeplinks von der Hausaufgaben-App aus aufrufbar sein.
Portfolio/Schulheft
Ein Satz, der jetzt noch vielen Lehrkräfte die Haare ergrauen lässt, wird der Vergangenheit angehören: „Ich weiß nicht, wo mein Heft ist“ – denn dieses wird nicht nur auf dem Tablet, sondern auch online gespeichert werden.
Und es genügt ein Heft für alle Schulfächer pro Schuljahr.
Wie so etwas aussehen kann, zeigen die derzeit führenden, geräteunabhängigen Online-Notizbuchanbieter wie Memonic, Evernote und Microsoft (OneNote). Für den Schulgebrauch verweise ich besonders auf OneNote. Mehr zu den Fähigkeiten von OneNote gibt es hier zu erfahren.
Was OneNote vor ähnlichen Programmen auszeichnet, ist seine übersichtliche, mehrschichtige Struktur. Es gibt Notizbücher, Kapitel und Seiten. So kann ein OneNote-„Heft“ zB für jedes Schulfach ein Notizbuch, für jedes Thema ein Kapitel und für jede Stunde eine Seite zuordnen. In diesen Notizbüchern kann man viele Arten von Medien unterbringen, sie mit anderen teilen, gemeinsam bearbeiten und (über den oben genannten Präsentationsmodus) vorführen.
Der Hauptnachteil des derzeitigen OneNote ist, dass die leistungsfähige Offlineversion ein Microsoft-Konto des Benutzers voraussetzt.
Ich bin nicht sicher, ob man dies bei einem Schülertablet selbstverständlich voraussetzen sollte.
Tests
Dieser letzte Punkt sei zumindest erwähnt, weil er gewissermaßen die Krönung vieler Lernmanagementsysteme darstellt. Inwieweit sich reine Online-Tests jedoch im schulischen Alltag realisieren lassen (zB: Wie kann sichergestellt werden, dass wirklich der schwache Schüler XY ohne fremde Hilfe via Onlinetest ein so fantastisches Ergebnis erzielen konnte?), sei einmal dahingestellt.
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Das Arrangement, mit dem alle (mehr oder minder) glücklich sind
Das Projekt „Schülertablet“ ist eine kostspielige Angelegenheit, sollte aber so unkompliziert konzipiert und abgerechnet werden wie nur möglich.
Dies lässt sich über eine Art von Vereinbarung zwischen allen an der Herstellung und Bestückung des Schülertablets Beteiligten erzielen.
Wie so etwas aussehen kann, möchte ich am Ende dieses langen Artikels lediglich in Form einer grafischen Übesicht zeigen und einen Hinweis, anfügen.
Zur Zeit gibt es eine Art Vorläufer einer solchen Vereinbarung: Den Rahmenvertrag zwischen dem FWU und Microsoft. M.E. zeigt dieser Vertrag recht schön, wie es nicht laufen sollte: Dass nämlich ein mächtiges Software-Unternehmen Kooperation mit Landesinstituten schließt, damit es seine Bildungssoftware – bzw die Edu-Version seines Officepaketes in großer Anzahl verscherbeln kann.
Ich finde, dass Schülertablets nur dann eine Zukunft haben, wenn der Staat – und ich bezweifle, dass dies einzelne Bundesländer stemmen können – Orgaisationsleitung, Konzeption, Qualitätskontrolle und Finanzierung des Projekts fest im Griff hat; dass der Staat die Höhe der Flatrate (wenn es denn eine geben muss) vor allem sozialverträglich und bildungsfördernd festsetzt – und sich nicht zu faulen Kompromissen mit der Lobby der Verlage bzw Hersteller hinreißen lässt.
Mit einem sehr aufschlussreichen und für die Beteiligten inspirierenden Schlussmeeting ging der offizielle Teil des dritten großen, offenen, deutschsprachigen, religionspädagogischen Onlinekurses vorgestern abend zuende.
Da diese – öhm, denkwürdige – Online-Sitzung nicht aufgezeichnet wurde, werde ich hier auf die aus meiner Sicht wichtigen Punkte noch einmal eingehen.
Erträge
Wie aus den gezeigten Beiträgen des Abschlussabends deutlich wurde, erwies sich openreli2016 als produktives, für den Schulunterricht – insbesondere die Aktivierung von SchülerInnen – nützliches Online-Ereignis.
Projekte
Ein besonderes Anliegen der Leitergruppe für diesen Kurs bestand darin, die aktiven Beteiligten nicht „unterwegs zu verlieren“, dh nicht zu überfordern und den Lernparty-Faktor bis zum dicken Ende zu erhalten.
Dies versuchten wir dadurch zu erreichen, dass wir auf große Langzeitprojekte (zB das gemeinschaftliche Entwickeln von komptenzorientierten Unterrichtseinheiten) verzichteten und stattdessen Miniprojekte und Spielwiesen anzubieten.
Aus technischen Gründen klappte nicht alles so wie erhofft, aber ich denke: die Ergebnisse können sich sehen lassen.
Hier ein Überblick:
Religiöse Spuren im Film
Zu diesem Thema gab es keine Präsenzveranstaltung, doch es wurde eine Seite erstellt, auf der man inspirierende Filme eintragen konnte.
Diese Seite bleibt über das Kursende hinaus bestehen und wächst weiter an. Jeder kann mitmachen.
Religiöse Spuren in Bildern und Fotos
Dieses Projekt startete am 8. März mit technischen Pannen, entwickelte sich dann jedoch kometenartig zum Erfolgsmodell.
Fleißige TeilgeberInnen steuerten immer mehr Bilder bei, so dass eine sehr vielseitige Artothek-Galerie entstand.
Darüber hinaus setzte ein Kollege dieses Konzept mit seinen Schülern um. Diese suchten in ihrer Lebenswelt nach religiösen Spuren und tauschten sich darüber aus. Dabei entstanden Betrachtungen von eindrücklicher Tiefe.
Religiöse Spuren in Computerspielen Bei diesem Miniprojekt lief es fast genau umgekehrt wie bei den religiösen Bildern: Die Referenten zeigten während des Online-Meetings am 2. März, wie manche Computerspiele bis zum Rand mit religiösen Symbolen und Bildwelten angefüllt sind, und boten an, mit den TeilnehmerInnen praktisch dazu zu arbeiten. Doch bei aller Neugier wollte sich kaum jemand auf einen Computerspiele-Workshop einlassen, so dass keine Arbeitsphase zustande kam.
Wunschkonzert Über die in der Überschrift verlinkten Website konnten (und können) Interessierte Lied-Links in ein Formular eintragen, verraten, wo sich Lyrics zu den Titeln finden und ihre Gedanken dazu äußern; auch im Hinblick auf deren unterrichtliche Einsatzfähigkeit.
Am 8. April kam es zur Aufführung. Hier kann, wer will sich die gefundenen Lieder anhören und anschauen.
Neben diesen am Thema des Kurses orientierten Projekten gab es noch drei Miniprojekte anderer Art: Sogenannte „Spielwiesen“, in denen nutzbringende Onlinewerkzeuge vorgestellt wurden. – Als da waren:
Workshop „Mit Internet-Werkzeugen produktiv werden“
Für dieses Projekt hatte ich mit Hilfe des im neuen rpi-virtuell enthaltenen Lernmanagement-Systems ein Tutorial entwickelt, in dem bestimmte Tools vorgestellt wurden. Den meisten Anklang fanden beim Live-Event am 9. März die LearningApps, welche von einigen Teilgebenden später verwendet und in der Schule eingesetzt wurden. Hier ein Beispiel.
Für alle Interessierten: Bei rpi-virtuell gibt es für die LearningApps eine eigene Gruppe, in der man Arbeitsergebnisse austauschen und sich gegenseitig helfen kann.
Workshop Microsoft OneNote
Das in kurzer Zeit eminent wichtig und im schulischen Einsatz nützlich gewordene Online- und Offline-Werkzeug von Microsoft wurde in einer eigenen Veranstaltung am 14. März vorgestellt.
Workshop Online-Lernmanagementsysteme (LMS)
Auch dieses ein wenig esoterische Thema fand überraschender Weise einige Interessierte. Tatsächlich dürften solche Organisations- und Lernhilfen in den nächsten Jahren an vielen Schulen wichtig werden. Darum erschöpfte sich der Workshop nicht in der LMS-Präsentationsveranstaltung am 16.3.
Wer immer mehr darüber wissen möchte, kann sich dieses LMS-Tutorial (Stand: 2016) ansehen.
Vorträge
Neben diesen Miniprojekten gab es – wie in früheren openreli-Kursen auch – online-Vortragsveranstaltungen. Diese wurden beim Kursfeedback noch positiver bewertet als die Projekte. Was mich am meisten dabei verblüffte, war, dass der Referent am positivsten bewertet wurde, der überhaupt keinen Vortrag vorbereitet hatte, sondern sich schlicht und einfach den Fragen der Anwesenden stellte.
Damit bestätigte das Feedback die Beobachtungen aus diesem Artikel, in dem ich die einzelnen Referate bzw Gespräche kommentiert hatte. Von dort aus können auch die Videoaufzeichnungen der Vortragsveranstaltungen direkt gestartet werden.
Dem, was ich damals schrieb möchte ich nur noch als Anregung hinzufügen, dass ein Referent, welcher eine Art Vorlesung zu halten gedenkt, diese vielleicht schon vor dem Online-Meeting bei guter Videoqualität aufzeichne, so dass man – sagen wir – die Hälfte der Zeit der Live-Veranstaltung im Gespräch verbringen könnte.
(Was die daraus resultierenden technischen Fragen für die Dozenten betrifft: Da können wir Nerds vom openreli-Orga-Team mit Rat und Tat sehr wahrscheinlich alle Schwierigkeiten ausräumen.)
Insgesamt gilt für alle Vorträge und Projekte, dass sie nicht einfach „openreli“ waren, sondern dass sie weiter bestehen und den 2016er Onlinekurs transzendieren: Denn man kann sich weiter beteiligen, kann weitere Ressourcen hinzufügen oder sich die Meetings und Referate anschauen, da es Aufzeichnungen von allen Treffen gibt.
Resumée
Zweifellos erwies sich openreli2016 für diejenigen, die zupackten, die viel mitnehmen wollten, als hilfreich und inspirierend. Dementsprechend fiel beim Abschlussmeeting auch das Votum der Teilgebenden aus, die nicht zum Organisationsteam gehörten.
Dennoch stellten sich trotz aller Werbung, aller cleverer Ideen, trotz aller Vorbereitungsarbeit wieder dieselben – offensichtlich chronischen – Probleme ein: Es gab nach Einschätzung des Orga-Teams einfach zu wenige aktive Teilgebenden. Fast alle von diesen kannten jemandem aus dem Organisationsteam aus persönlichen Begegnungen oder Präsenzfortbildungen.
Kann man daraus schließen, dass (unsere?) Online-Werbung allenfalls für Lurker reicht? Dass man ein zukünftiges openreli besser als Blended-Learning-Angebot konzipieren sollte, mit einer präsentischen Startsession, um sich besser kennen zu lernen?
Auf dem Weg zu einem wirksamen Fortbildungsformat
Prof. Lipowsky auf der ALPIKA2016 in Kloster Haydau
Einige aus dem Orga-Team hatten in den Tagen vor dem openreli-Abschlussmeeting eine
Tagung im hessischen Kloster Haydau besucht, auf der der Kasseler Unterrichtsforscher Frank Lipowsky einen Vortrag zum Thema „Was Fortbildner/-innen über wirksame Lehrerfortbildungen wissen sollten“ gehalten hatte. In dieser Vorlesung erfuhr ich, dass einige meiner geheimsten Befürchtungen bezüglich des Ertrages von On- und Offlinefortbildungen bereits empirisch bestätigt sind.
Lipowsky blieb jedoch nicht beim Trübsalblasen stehen, sondern entwickelte Strategien für wirksame Fortbildungen. Beispielsweise:
Wenn du nicht die Ressourcen für eine anderthalbjährige, intensive Fortbildungsreihe hast, dann solltest du darauf verzichten, das Verhalten deiner Lehrkräfte dauerhaft ändern (=“verbessern“) zu wollen.
Fasse dein Thema eng, klar und so, dass daraus der zu gewinnende Nutzen unmittelbar erkennbar wird.
Mit Nutzen ist nicht nur der Nutzen für die Lehrkraft, sondern genausosehr der für die SchülerInnen gemeint.
Verliere nie während deiner Fortbildung diesen Nutzen aus den Augen, sonst verlierst du am Ende deine TeilnehmerInnen.
Es ist gut, wenn deine TeilnehmerInnen das Gefühl bekommen, faszinierende Neuigkeiten zu erfahren.
Es ist nicht gut, wenn deine TeilnehmerInnen das Gefühl bekommen, dass nichts mehr beim Alten bleibt.
Aus alledem kann man das eine oder andere für openreli lernen. Einiges haben wir bereits beherzigt: ZB lange Durststrecken vom Beginn eines Projektes bis zum erwarteten Nutzen zu vermeiden.
Eine andere Sache, die ich zwar erkannt hatte, die aber noch nicht ganz klappte, bestand in der Auseinandersetzung mit dem sich bei Onlineseminaren einstellenden Gefühl, auf weiter Flur allein(gelassen) zu sein: Nicht nur, dass irgendwie das wachsame Auge einer Lehrkraft oder eines Kursleitenden fehlt; schlimmer noch ist, dass das wirkliche, pralle Leben dem einsamen Voranschreiten in virtuellen Regionen ständig in die Quere kommt. Diesem Problem könnte man, so meine Idee, beikommen, indem man den engagierten TeilgeberInnen in vergleichsweise kurzen Abständen Rückmeldungen gibt: Antworten auf eingesandte Beiträge, Badges („Medaillen“) für außergewöhnliche Aktivitäten, exklusive Einladungen für virtuelle Soiréen, leckere Gummibärchen, Rabatte auf teure Apps und am Ende vielleicht die Verlosung eines VW Golf an die verdientsten TeilgeberInnen …?
In diesem Zusammenhang horchte ich natürlich auf, als auf der Tagung in Haydau mir gleich mehrere Leute erzählten, wie toll sie gewisse Onlinekurse fanden, an denen sie teilgenommen hatten: ganz „harte“ Seminare waren das gewesen: Mit zeitlicher Taktung, regelmäßigen. anspruchsvollen Aufgabenstellungen, deren Ergebnisse jedes Mal kontrolliert wurden, bevor die nächste Lektion freigeschaltet wurde.
Also fast genau das Gegenteil dessen, was wir bei openreli so beabsichtigen.
Wir nahmen es mit Humor. Frei nach der Maxime: „Wir machen weiter! Auch wenn es keinen interessiert – wir ziehen es durch!“ wollen wir den Prinzipien offenen, selbstbestimmten Lernens treu bleiben … naja, auch wenn wir beim nächsten openreli vielleicht eine weniger weitgefasste Themenstellung wählen.
Da gab es beim Abschlussmeeting bereits eine Reihe von Vorschlägen. Wie das bei uns inzwischen Brauch ist, werden wir die endgültige Thematik im Rahmen einer großangelegten Abstimmung festklopfen. Danach wird alles gut.
Und außerdem …
Wer die einschlägigen Statistiken kennt, weiß, dass bei allen sogenannten „massiven Onlinekursen“ nur maximal zehn Prozent der Teilnehmenden zu Teilgebenden werden und sich aktiv beteiligen. Da liegen wir prozentual solide im Mittel. – Okay … man kann einen Kurs mit einhundert gemeldeten Teilnehmenden nicht mehr „massiven Onlinekurs“ nennen, aber pfeif drauf.
Am Ende der zweiten, richtigen openreli-Woche schon mal ein kleines Zwischenfeedback: Alles läuft gut soweit, und besonders stolz bin ich auf meine pfälzischen Kolleginnen, die die Live-Konferenzen auch wirklich live besuchen und mitdiskutieren.
Allerdings führt diese Beobachtung auch gleich schon zu den beiden Problemen, die uns (auf der ALPIKA-Medien-Sitzung, die diese Woche in Villigst stattfand) auffielen:
Geringe Teilnahme an den Live-Events
Außer den Pfälzerinnen nahm kaum einer der eingeschriebenen 100 Newsletter-Abonnenten (bzw 29 openreli-Gruppen-Aktivisten bei rpi-virtuell) an den Live-Sessions teil. (Einzige Ausnahme: Zu Insider-Star Khorchide kamen fast 20 Leute, wobei allerdings eine unbekannte Anzahl der Anwesenden (mindestens 10 am Ende seines Vortrages) nur noch als Karteileichen vorhanden waren). Wenn man berücksichtigt, welche Honorarsummen für die Live-Events geflossen sein müssen, und was für eine Vorarbeit in der Organisation der Vorträge steckt, stellt sich die Frage: Woran liegt es, dass diese durchweg interessanten „Shows“ so schwach frequentiert werden? Vermutung 1: Es handelt sich um ein PR-Problem. Die Vorträge wurden nicht clever genug beworben. Vermutung 2: Es handelt sich um ein Online-Konferenz-Problem: Die Hemmschwelle, an Hangouts/Onlinemeetings teilzunehmen, ist für viele zu groß. Sie lehnen es ab. Vermutung3: Es handelt sich um ein unbekanntes Problem.
Wer eine einleuchtende(re) Erklärung für dieses rätselhafte Phänomen gefunden hat – bitte unten einen Kommentar schreiben. Das wäre sehr hilfreich!
[Die Kommentier-Funktion wird nur angezeigt, wenn man diesen Artikel geöffnet hat. Dazu muss man auf den Titel openreli2016: Tagungsdidaktik klicken.]
Tagungsdidkaktik
Auf der ALPIKA-Sitzung wurde auch über die Art und Weise gesprochen, wie die Onlinekonferenzen bzw das Auftreten der Referenten gestaltet waren. Ich versuche unten einmal die unterschiedlichen „Shows“ ohne Berücksichtigung ihrer thematischen Ausrichtung leicht überspitzt zu skizzieren:
Die Lebenssituation von Jugendlichen (Prof. Dr. Hans Hobelsberger) am 18.2.16
oder: Der Informationsdampfhammer
In einem weit ausholendem Vortrag mit vielen, detailreichen, text- und diagrammlastigen Folien und zwei Filmen, mit denen er das Vermittelte zu bündeln versuchte, überschwemmte Prof. Hobelsberger sein Auditorium mit statistischen Auswertungen und Analysen. Deswegen kam er relativ spät zum Punkt, nämlich der religiösen Situation von Jugendlichen und denen daraus ableitbaren Konsequenzen für das kirchliche Handeln.
Ein bischen ernüchternd war am Ende die Einsicht, dass es trotz all der gerade gehörten Evaluationen „den statistischen Schüler“ nicht gibt.
Gottes Spuren im Gehirn? (Michael Blume) am 19.2.16
oder: Die Folienpresse
Michael Blume vermittelte seine religionswissenschaftlichen Einsichten mit einem abwechslungs-, bilderreichen und sehr eloquenten Vortrag. Dabei berücksichtigte und beantwortete er permanent die im Chat aufkommenden Fragen. Er erwies sich allerdings auch als grandioser Reiter auf seinem Steckenpferd. Seine gefühlt mehr als 60 Folien presste er in einem energischen Endspurt in den vorgegebenen Zeitrahmen.
Hat uns diese beschleunigte Wissensvermittlung auch klüger gemacht?
Barmherzigkeit – Der verborgene Schlüssel für eine christlich-islamische Begegnung? (Prof. Mouhanad Khorchide) am 23.2.16
oder: Der Hodscha erklärt sein System
Der Theologe (das Wort muss man bei ihm fast im christlichen Sinne verstehen) und Islamwissenschaftler Khorchide verzichtete ganz auf Folien, so dass eine Situation entstand wie sintemals bei Jesus, dem seine Jünger zu Füßen saßen und ihm anbetungsvoll lauschten.
Ich weiß nicht, ob die Hörer dieser Onlinekonferenz anbetungsvoll lauschten, denn auf unserer Tagung, auf welcher wir diesem Vortrag im Plenum folgen wollten, erhob sich nach 15 Minuten gegen die holprige Akustik und die (u.a. deshalb) schwer verständliche Sprache ein solcher Widerstand, dass der Ton abgedreht und anschließend kontrovers über den Nutzen und die Nachteile von Onlinekonferenzen diskutiert wurde.
Währenddessen verfolgte ich den Chatverlauf, bei dem auffiel, dass im Gegensatz zu allen anderen Vorträgen keine einzige TeilnehmerInnenfrage gestellt wurde.
War außer den Moderatoren keiner mehr da, oder hatten die ZuhörerInnen einen Grad von Erleuchtung erreicht, der alle Fragen hinter sich ließ? Ich habe keinen Schimmer.
Spurensuche im Buddhismus (Werner Heidenreich) am 24.2.16
oder: Leer(er), wie ich bin
W. Heidenreich verzichtete sowohl auf Folien als auch auf einen Vortrag. Dieser „leere“ Ansatz entspricht nicht nur seiner buddhistischen Philosophie, durch ihn ergab sich auch schlagartig eine Menge Gesprächsraum. Die buddhistische Spurensuche erhielt die Form einer Frage- und Antwortstunde, wobei Heidenreich sehr selbstsicher eingestand, wenn er etwas nicht wusste.
Dies führte dazu, dass sich die TeilnehmerInnen intensiver als bei früheren Online-Meetings beteiligten und im Chat Fragen stellten. Durch dieses Q&A-Prinzip wurde auch die Show thematisch in klare Blöcke gegliedert, von denen man ausgehen konnte, dass sie die Zuhörerschaft wirklich interessierten.
Ist keine Vortragsvorbereitung also die beste Vortragsvorbereitung?
Lauter offene Fragen! Ich weiß wirklich nicht, welche „Vortrags“-Didaktik die beste war. Darum bitte ich euch, die geneigten LeserInnen, zur Abstimmung:
Heute mittag haben die openreli2016-Beteiligten die Gelegenheit, Mouhanad Khorchide zum Thema Barmherzigkeit (im Islam und in den Religionen) live und online zu hören und mit ihm zu diskutieren.
Wie sein Reform-Islam-Ansatz der Kritik des ehemaligen Muslims und Buchautoren Hamed abdel-Samad standhält (oder auch nicht) zeigte sich an einem spannungsreichen Gesprächsabend im September 2014.
Gestern bin ich wieder mit der vollen Bandbreite der Hilflosigkeit gegenüber den Eigendynamiken konfrontiert worden, die entstehen, wenn sich jüngere Schülerinnen und Schüler auf WhatsApp bewegen. …
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