Vom Wahlsieg D.Trumps, der Hölle und dem Fegefeuer

Quelle: CNN - Exit Polls

(Quelle: Quelle: CNN – Exit Polls)

markn3tel auf flickr: Lizenz: CC BY-SA 2.0

Wie wir alle wissen, wurde Donald Trump als dingsundvierzigster Präsident der USA gewählt. Über seine religiöse Kompetenz hat sich schon ein anderer, prominenter Christ recht deutlich geäußert – anlässlich des geplanten Mauerbaus an der mexikanischen Grenze. Ich möchte hier nur ergänzen, dass sich Trump außerdem für Folter, Selbstjustiz und exzessiven Waffengebrauch – auch von Atombomben – stark gemacht hat.

 

Was mich zum Schreiben dieses Artikels bewegt, ist eine in den Medien kaum erwähnte Beobachtung des Wählerverhaltens der einzelnen, US-amerikanischen Religionsgemeinschaften.

Während sich Nichtgläubige und Anhänger anderer Religionen für Hillary Clinton aussprachen, stimmten die Christen mit großer Mehrheit für den Gewalt- und Folterbefürworter. Ganz besonders taten sich dabei die (weißen) Protestenten, Mormonen und vor allem die „in Christus Wiedergeborenen“ – also ganz grob gesprochen: Die Hardcore-Evangelischen hervor.

Wie blöde dürfen Christen eigentlich sein?

Haben diese Leute jemals das Evangelium gelesen? Wahrscheinlich nur sehr selektiv, indem sie alle Stellen wegließen, in denen sich Jesus äußerte. Es könnte auch sein, dass ihnen der Transfer nicht gelingt von Jesusworten wie zB „Wer zum Schwert greift, der wird durch das Schwert umkommen“ (Mt 26.52) hin zu „Wer zum Sturmgewehr und zur Wasserstoffbombe greift, wird durch selbige umkommen“?

Nun sollen ja viele Ungebildete unter den Trump-Wählern sein, aber es gibt einen Punkt, an dem Doofheit nicht mehr als Entschuldigung ausreicht – zB wenn es in echt Verletzte und Tote gibt.

Sind also die amerikanischen Christen überhaupt noch Christen, wenn sie sich bei einer Wahl für den barbarischen Kandidaten, also den „Türcken nach dem Geiste“ entscheiden und so unseren Herrn Jesus verraten?

Und was blüht solchen Verrätern – also von Gott her?

Ich meine, aus der Entfernung und ohne von ihrem Handeln bzw ihrer Wahl näher betroffen zu sein, kann man die christlichen Trump-Wähler vielleicht als Deppen abtun, die sich vermutlich selbst am meisten geschadet haben. Aber wenn es hart auf hart kommt und wir machtlos miterleben müssen, wie auch uns die Auswirkungen ihrer Wahl schwer in Mitleidenschaft ziehen – wenn wir selbst unter den Folgen leiden -, dann wird unsere Glaubensüberzeugung ernsthaft auf die Probe gestellt.

Das Fegefeuer? Logisch!

Wie steht es eigentlich mit unserer Vorstellung vom Gericht Gottes?
Glauben wir,

  • dass ein Christ niemals für das, was er verbricht, zur Rechenschaft gezogen wird?
  • dass ein Christ, wenn er schwer sündigt, in der Hölle („Gottesferne“) landet statt wie erwartet im himmlischen Paradies?
  • … oder dass er wegen seines nichtigen, niemals bereuten Tuns im Nichts endet, also als tote Asche in der Urne?
  • dass er, weil er ja doch irgendwie an Gott glaubt, auch (nach Röm 8,1) zu Gott gelangen wird – allerdings erst nach einer umfassenden Reinigungsprozedur?

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Wenn man sich an die erste Möglichkeit hält, bricht alles, was man so unter christlicher Ethik versteht, in sich zusammen: Was ist gut, was böse, wenn es am Ende ja doch egal ist?
Man kann zwar argumentieren, dass Jesus für Liebe, Vergebung und Verzicht auf Gewalt war und wir ihm deshalb nachfolgen sollen … aber warum? Wenn ich doch mit der Trump-Masche (lügen, Ängste und Hass sähen, Gewalt entfesseln) ohne Konsequenzen viel weiter komme? Wo liegt dann der Nutzen?

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Möglichkeit Nummer Zwei spricht von allen das härteste Urteil.
Auch wenn man die Hölle ein wenig renoviert, damit sie von außen her nicht ganz so grausig aussieht – wenn bei Gott alles Schöne und Gute im Himmelreich reserviert ist, dann bleibt für die Hölle nur ein Abgrund des Schreckens übrig.

Und wer weiß denn so genau: Ob ich nicht vielleicht selber Sünden begangen habe, die schwer genug sind, um dort unten zu landen? Wenn Zusagen wie Röm 8,1 unsicher sind, dann wird das Christentum zur Angstreligion.

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[spoiler title=’Punkt 3′ style=’purple‘ collapse_link=’true‘]Möglichkeit Nummer Drei ist eine leicht abgeschwächte Variante von Möglichkeit Zwei: Entweder ich komme als Christ, der nicht allzuviele unbereute Sünden begangen hat, in den Himmel, oder meine Existenz endet mit dem Tod.

Damit mag man sich abfinden, aber irgendwie stört es doch, dass ein versagender Christ nicht besser dran ist als jemand, der Gott komplett ablehnt – er hat also umsonst geglaubt, und das Jesuswort zur Taufe Mk 16,16 ist dann bedeutungslos.[/spoiler]

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Die „kleine Klausel“ bei der universalen Heilszusage für alle Christen ist nichts anderes als das, was man seit dem Mittelalter das „Fegefeuer“ nennt.

Schon der Apostel Paulus ebnete den Weg dorthin, indem er sagte, dass auch die Sünder in den Himmel kommen. Allerdings würden ihre Taten zuvor im Feuer geläutert, und nur, was gut war, bliebe erhalten (1. Kor 3,13-15). Der Sünder selber ererbe nach dieser Prozedur seinen Platz im Himmel – ganz gleich, wieviel von seinen Werken „überlebe“.
Mit dieser Theorie übernimmt Paulus Worte aus dem Propheten Maleachi (3,2f).

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Bild von Andreas Faessler. Lizenz: CC BY-SA 4.0
Bild von Andreas Faessler. Lizenz: CC BY-SA 4.0

Das Fegefeuer hat eine Menge Vorteile: Es ist logisch: Es behebt den Widerspruch zwischen der göttlichen Heilszusage für alle Christen und dem Wunsch nach ausgleichender Gerechtigkeit – zB in Bezug auf Trump wählende Katholiken (weil das Fegefeuer im Bereich des Katholizismus nach wie vor gültige Kirchenlehre ist).
Außerdem ist der Gedanke der postmortalen Reinigung auch in anderen Religionen verbreitet, zB als Karma.
Ferner wiesen katholische Theologen darauf hin, dass sich die innere Logik einer solchen, seelischen Reinigung durchaus von der verbreiteten Horrorvorstellung des Fegefeuers unterscheide. Das Feuer des Purgatoriums sei ja nichts anderes als das Feuer der Liebe Gottes – und da müsse, ja wolle die sündige, aber auch gläubige Seele hindurch, um ganz rein und selig zu werden und bei Gott zu sein.

Natürlich besitzt das Fegefeuer auch einige Nachteile: Es kann ausgeschmückt und als Horrorvorstellung zwecks Disziplinierung der Gläubigen missbraucht werden.

Holzstich nach J.J. Kirchhoff, 1872
Der Thesenanschlag von 1517. Holzstich nach J.J. Kirchhoff, 1872

Ganz hässlich wird es dann, wenn man zur Illustration der Unannehmlichkeiten Ketzer oder Hexen ermordet, indem man sie dem „reinigenden Feuer“ übergibt. Oder mit Hilfe von Ablässen (von „zeitlichen Fegefeuerstrafen“) geschäftsmäßig Leute abzockt.

Sowas kann zu lutherischen Anschlägen und nachhaltigen Reformationen führen!

Martin Luther wies auch auf den zweiten, großen Nachteil der Fegefeuer-Vorstellung hin: Sie ist zu dünn in der Bibel bezeugt.

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Der Umstand, dass die Existenz des Fegefeuers weniger durch das biblische Zeugnis, sondern vielmehr durch das christliche Gerechtigkeitsempfinden gestützt ist, bringt mich auf die Ausgangsfrage zurück:

Wie steht’s denn nun mit der göttlichen Gerechtigkeit?

Ähnlich wie bei Gott selbst müssen wir genau unterscheiden zwischen unseren Bildern, Vorstellungen und Wünschen, unseren Hirnkonstrukten, und der Realität dort draußen in der „Welt an sich“.

Ich weiß nicht hundertprozentig sicher, ob ich mit meiner Auffassung von christlicher Ethik richtig liege – oder nicht vielleicht doch die frommen Hobbyschützen, die Trump gewählt haben. Und ob Gottes Ausübung seiner Gerechtigkeit sich mit meinen menschlichen Vorstellungen deckt, weiß ich noch viel weniger.

Nichtsdestoweniger vertraue ich darauf, dass Gott seine Gerechtigkeit walten lässt, die aber eine Ecke kniffliger und subtiler – und vor allem gnädiger – zu sein scheint, als es sich des Menschen Geist erdenkt – wie in Röm 3,21ff dargestellt. Sie rettet den Gläubigen, zieht ihm aber auch die Hosen runter, und jede menschliche Selbstbeweihräucherung ist ausgeschlossen. Wer diese Bewegung schonungsloser Liebe und Güte mitmacht, all seinen selbstherrlichen Überzeugungen und Mythen absagt und sich in den Dienst an den Menschen stellt, der tut warhaft Buße.

Und wer von den Getauften (oder Wiedergeborenen) dies nicht tut … nun, der stellt sich quasi freiwillig als Kontrastmittel für Gottes Gerechtigkeit zur Verfügung – und die zu vollziehen, das sollte man wirklich Gott überlassen.

Denn wir haben nicht den Auftrag, Gottes Zorn zu verwirklichen, sondern seine Güte. Möglichst so zu leben, als ob wir schon im Himmel wären, friedliebend, sanft, voller Wertschätzung und Solidarität anderen, besonders den Schwächeren gegenüber, und so gewaltlos wie es irgend geht. Denn das Reich Gottes hat mit Jesus schon begonnen.
Zur Güte gehört übrigens auch der Auftrag, Glaubensgeschwister zu challengen, wenn sie andere respektlos behandeln, herabwürdigen oder ihnen Gewalt antun – oder Leute an die Macht spülen, die genau das verlangen bzw provozieren.

Was ich hiermit erledige:

Trumpestanten!

Jesus hat euch gerade die Hosen runtergelassen. Geht in euch, denn das sieht gar nicht gut aus!

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