[spoiler title=’Vorbemerkung‘ collapse_link=’true‘]
Über Maria, die Mutter Jesu, machten sich in der frühen Christenheit viele Leute so ihre Gedanken. Im zweiten Jahrhundert schrieb sogar jemand ein Evangelium über sie, das nicht in die Bibel aufgenommen wurde, aber einen enormen Einfluss auf die katholische Marienlehre besitzt.
Jedes der in der Bibel stehenden vier Evangelien nimmt der Mutter Jesu gegenüber eine eigene Sichtweise ein, wodurch uns vier unterschiedliche, biblische „Mariologien“ überliefert sind. Wenn man die im Neuen Testament verteilten Puzzleteile über Maria zusammensetzt, entsteht fast so etwas wie eine Lebensgeschichte in Form von Textschnipseln. Dabei werden verblüffende Details über die Familie von Jesus deutlich.
Aus diesen Textfragmenten habe ich eine mehr oder minder ausführliche Lebensbeschreibung der Maria entwickelt, die zT recht frei erzählt wird. Es kam mir mehr darauf an, ein für Nichttheologen begreifbares Bild der Mutter Jesu zu zeichnen – wohl wissend, dass nur es eines von vielen ist – statt eine wissenschaftlich-kritische Untersuchung zu verfassen. Dabei stützte ich mich auf biblische Belege und versuchte so viele „Schnipsel“ wie möglich aufzunehmen. Nur an Stellen, bei denen mehrere Evangelien stark unterschiedliche Versionen des gleichen Stoffes erzählen, wie zB in der Weihnachtsgeschiche, entschied ich mich gegen eine gewaltsame Harmonisierung und für die mir plausibler erscheinende Evangelien-Erzählung.
Zum Erscheinungsbild von Maria: Falls Jesus so ähnlich aussah, wie er auf dem Grabtuch von Turin und den ältesten Ikonen dargestellt wird, war er ungewöhnlich groß, hatte ein längliches Gesicht und eine lange, schmale Nase. Dieses Aussehen müßte man wohl auch auf seine Mutter übertragen, vor allem wenn man an die Jungfrauengeburt glaubt.
[spoiler2 title=’Stimmt die folgende Geschichte mit den Aussagen der katholischen Kirchenlehre überein?‘ collapse_link=’true‘]
Definitv nein.
Dies ist jedoch keine antikatholische Erzählung, denn sie wurde verfasst, bevor dem Autor die vier mariologischen Dogmen der katholischen Kirchenlehre in ihrer vollen Tragweite bekannt waren. Die Geschichte richtet sich nach dem, was im Neuen Testament über Maria ausgesagt wird.
Zu den einzelnen dogmatischen Lehrsätzen
- Maria ist die Mutter Gottes
Dazu nimmt die Erzählung nicht Stellung. Maria hat Jesus auf die Welt gebracht, und insofern dieser göttlicher Natur ist, insofen ist auch Maria eine „Gottesgebärerin“.
Allerdings sind dies reichlich spekulative Aussagen, die hart am Rande der Verletzung des zweiten Gebots entlangschrammen. - Maria war vor, bei und nach der Geburt Jungfrau
Die Geschichte schließt nicht aus, dass Maria, wie es in der Jesaja-Prophezeihung heißt, „als Jungfrau schwanger wurde“. Aber sie schließt aus, dass sie immer Jungfrau blieb. Immerhin bezeugen mehrere Bibelstellen, dass Jesus Geschwister hatte. Die katholischen Mariendogmen erkennen dem Jesus diese Geschwister ab, wobei die entsprechenden Textstellen auf eine recht fragwürdige Weise umgedeutet werden. Grund dafür ist, dass Jesus im Johannesevangelium mehrfach als der „eingeborene Sohn“ Gottes bezeichnet wird. Dabei bedeutet „eingeborener Sohn“ soviel wie „Einzelkind“.
Schon sehr früh (im 2. Jahrhundert nach Christus) kamen christliche Dogmatiker schwer ins Grübeln wegen der Vorstellung, dass Maria die Mutter von Gottes Einzelkind Jesus war, und dann noch die Mutter von einer Latte weiterer Kinder, die Josef zum Vater hatten. Der allmächtige Gott als Teil einer Patchworkfamilie? Pfui, das kann nicht sein!
Ich finde aber, Gott braucht keine Moralapostel, und wenn Jesus laut neutestamentlichen Quellen Geschwister hatte, darf man sie ihm nicht nachträglich weginterpretieren. - Maria wurde unbefleckt von ihrer Mutter empfangen
Auf solch eine Idee käme sicherlich kein moderner Mensch von sich aus, aber im Mittelalter konnten sich viele Menschen einfach nicht vorstellen, wie eine von der Erbsünde befleckte Frau den reinen, menschgewordenen Gott auf die Welt bringen konnte, ohne ihn dabei ernsthaft in Mitleidenschaft zu ziehen, ihn quasi mit der Sünde zu infizieren. Wenn Maria jedoch schon unbefleckt empfangen worden und ihr ganzes Leben lang unbefleckt, sündlos und fehlerfrei geblieben wäre, dann wäre dieses theologische Problem elegant gelöst.
In diese Richtung lässt sich auch die apokryphe Biographie der Maria deuten – das sogenannte Protevangelium des Jakobus -, welches bereits im zweiten Jahrhundert entstanden war und immer einen starken Einfluss auf die katholische Kirchenlehre ausübte. Nichtsdestoweniger war die Lehre von der unbefleckten Empfängnis unter den Theologen des Mittelalters stark umstritten und setzte sich erst im Lauf der Jahrhunderte durch, bis es von Papst Pius IX im Jahr 1854 als „unfehlbare Lehre“ dogmatisiert wurde.
Richtig populär wurde dieses Dogma durch die Visionen der Bernadette Soubirous aus Lourdes, der 1858 die „unbefleckte Empfängnis“ erschien, wodurch das Marienheiligtum von Lourdes begründet wurde. Da Bernadette ungebildet und körperlich zurückgeblieben war, wird allgemein bezweifelt, dass sie das von Papst Pius IX verkündete Dogma überhaupt kannte. Darum wird ihre Vision von vielen als eine Art himmlische Bestätigung des päpstlichen Dogmas angesehen.
In der untenstehenden Geschichte der Maria wird eine unbefleckte Empfängnis zwar nicht ausdrücklich ausgeschlossen, aber die hier beschriebene Maria ähnelt der resoluten und handfesten Persönlichkeit, die Schalom ben Chorin in seinem Maria-Buch herausgearbeitet hat, doch eher als einer ätherischen Gestalt, die man als Folge einer unbefleckten Empfängnis vielleicht erwarten sollte.
Auch lässt sich der in Mk 3.21 berichtete Versuch von Maria und ihren verbliebenen Kindern, Jesus aus Kapernaum zurückzuholen, weil sie ihn für meschugge hielten, nur schwer mit der (Erb-)Sündenlosigkeit Mariens vereinbaren. - Maria wurde leiblich in den Himmel aufgenommen
… wobei nicht geklärt ist, ob diese Aufnahme schon zu Lebzeiten oder erst nach ihrem Tod geschah. Die leibliche Aufnahme in den Himmel bedeutet unter anderem,
– dass ihr Grab leer sein muss,
– dass ihr Körper vor Verwesung bewahrt wurde,
– dass sie im Himmel ist und dort noch genauso aussieht, wie sie dies zu Lebzeiten tat.
Als biblischer Anhaltspunkt wird ein kryptischer Text aus der Offenbarung des Johannes angeführt, in dem von einer Art Himmelskönigin in Geburtswehen die Rede ist. Ob es sich bei dieser Frau tatsächlich um Maria oder nicht vielmehr um die als Braut Gottes symbolisierte Kirche handelt, deren Sterne in der Krone die christlichen Gemeinden darstellen, ist nicht geklärt.
Jedenfalls gab es schon sehr früh ein Fest, in dem die Himmelfahrt Mariens gefeiert wurde. Diese wohl eher volkstümliche Lehre, deren tieferer theologischer Sinn nicht so leicht zu erschließen ist wie bei den vorigen Dogmen, entstand spätestens im 5. Jahrhundert n.Chr. mit der Veröffentlichung der Schrift Transitus mariae, wahrscheinlich aber schon früher.
Papst Pius XII machte aus dieser Lehre im Jahr 1950 ein Dogma, welches unter anderem als deutliche Abgrenzung gegen ökumenische Bestrebungen seitens der Protestanten zu verstehen ist. So schrieb er in seiner Dogma-Erklärung: „Wenn daher, was Gott verhüte, jemand diese Wahrheit, die von Uns definiert worden ist, zu leugnen oder bewusst in Zweifel zu ziehen wagt, so soll er wissen, daß er vollständig vom göttlichen und katholischen Glauben abgefallen ist.„
Obwohl die untenstehende Geschichte sowohl davon ausgeht, dass Maria auferstanden ist und durch Marienwunder weiterhin wirksam ist, verweist sie gleichzeitig auf die beiden existierenden Mariengräbrer in Ephesus und Jerusalem. Inwieweit sich die Existenz dieser Gräber mit der leiblichen Aufnahme Mariens in den Himmel vereinbaren lassen, möge der geneigte Leser selbst entscheiden.
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[spoiler title=’Herkunft und Schwangerschaft‘ collapse_link=’true‘]
Ich komme aus Galiläa. Meine Eltern stammen aus Nazareth und Kana. Sie wurden von Gott nicht mit Reichtum, sondern mit Töchtern gesegnet … oder gestraft, denn auch wenn wir lebensfrohe, energische und praktisch veranlagte Mädchen waren: Ohne einen Sohn ist die Altersversorgung der Eltern nicht gesichert. Außerdem müssen die Mädchen, wenn sie heiraten, Geld oder Wertsachen in die Ehe bringen: die so genannte Aussteuer. Wer das nicht kann, den will keiner heiraten, oder den kriegen nur die Männer ab, die keine Frau zum Mann haben will.
Ich war die Jüngste. Seitdem ich denken kann, beschäftigen sich meine Eltern damit, meine älteren Schwestern unter die Haube zu bringen – also ihnen einen möglichst reichen und liebevollen Bräutigam zu verschaffen.
Bei euch Lesern scheint es so üblich zu sein, dass eine Frau den Mann heiratet, in den sie sich verliebt hat. Das Hochzeitspaar wartet manchmal die Zustimmung ihrer Eltern gar nicht erst ab. Damals war das ganz anders! Wir Töchter wurden nicht gefragt, wen wir lieben, sondern die Eltern besuchten andere Familien und verhandelten mit denen über ihre Kinder. Wenn sie sich geeinigt hatten, schrieben sie einen Vertrag auf, in dem ihre Kinder einander “versprochen” wurden. Dieser Vertrag war so rechtswirksam wie eine echte Ehe.
Auf diese Weise wurden alle meine Schwestern verheiratet. Salome zB kriegte einen feschen Fischer aus Kapernaum. Mich aber sah meine Mutter immer nur sorgenvoll an. Denn ich war zwar lebhaft und hübsch – schlank, rabenschwarzes Haar und große, kohlschwarze Augen -, aber wir hatten kein Geld mehr für meine Aussteuer.
Ich fand das alles gar nicht so tragisch. Ich wollte sowieso zuhause bleiben. Denn in der Nachbarschaft lebte Raham, ein süßer Junge, mit dem ich von Kind auf befreundet war. Der war auch noch nicht verheiratet.
Eines Tages kamen meine Eltern freudestrahlend von ihrer Pilgerreise zurück, die sie zum Passafest nach Jerusalem gemacht hatten. Sie erzählten mir, dass sie für mich einen schidech, einen Ehevertrag mit einer ganz alten und vornehmen Familie geschlossen hätten. Ich wäre jetzt verlobt mit Josef, dem Sohn von Jakob aus dem Hause Davids! Bald würde er aus Bethlehem kommen, um mich zu sich zu holen und ein großes Hochzeitsfest zu feiern.
Meine Eltern platzten fast vor Stolz, mich in einem so jugendlichen Alter an den Mann gebracht zu haben. Aus mir würde keine alte Jungfer werden.
Ich dagegen war völlig fertig.
Aber was sollte ich tun? Es war meine Bestimmung zu heiraten. Darum blieb ich äußerlich ruhig, lächelte demütig und wartete, bis ich wieder allein war. Dann rannte ich aus dem Haus zu der Höhle, in der die Quelle entspringt, die das Dorf Nazareth mit Wasser versorgt. Jetzt am Abend hielt sich dort niemand mehr auf. Dort weinte ich mich aus.
Auf dem Rückweg begegnete ich Raham. Es war noch hell genug, so dass er mein verheultes Gesicht erkannte. Er fragte mich besorgt: “Maria, was ist los?”
Ich … ich wollte es ihm erklären, brachte aber kein verständliches Wort heraus. Stattdessen warf ich mich an seine Schulter und fing wieder an zu heulen.
Raham merkte, dass wir jetzt besser unter uns bleiben sollten. So führte er mich zurück zur Quell-Höhle und versuchte mich zu beruhigen. Ich klammerte mich weiter an ihn, erzählte ihm dabei, was geschehen war, und dass ich weg müsste von zuhause und weg von ihm. Da kamen auch ihm die Tränen und er gestand mir: “Ich habe immer gehofft, dass du meine Frau wirst.”
“Wehe, wehe!” rief ich entsetzt, rannte aber nicht weg, sondern fing an, ihn zu küssen. Mir war jetzt alles egal. An diesem Abend des Abschieds wollte ich Raham ein einziges Mal ganz nahe sein. Irgendwann in der Nacht schlich ich in unser Haus zurück und legte mich schlafen.
Am nächsten Morgen fühlte ich mich nicht gut. Einen Monat später merkte ich, dass ich schwanger war. Meine Eltern konnten es nicht fassen. Sie sandten sofort eine Nachricht an Josef nach Bethlehem. Mit mir redeten sie kein Wort mehr. Selbst meine Schwestern sagten, dass ich eine Schlampe wäre.
Ich aber verstand die Welt nicht mehr. Konnte eine Frau von dem, was Raham und ich an jenem Abend getan hatten, schwanger werden? Damals war ich ja noch so unerfahren. Wem hätte ich diese Frage stellen sollen? Alle verachteten mich und wollten nicht mit mir reden.
Ich hatte eine panische Angst vor der Zukunft. Was sollte geschehen? Ich war durch einen Ehevertrag an Josef gebunden, hatte ihn noch nie gesehen, erwartete aber trotzdem ein Kind. Also musste ich wohl – so dachten alle – die versprochene Ehe gebrochen haben. Wenn Josef richtig sauer auf mich war und die Sache an die große Glocke hängen würde, dann könnte man mich sogar wegen Ehebruch steinigen!
Eines Tages kam er mit einem Esel und Gepäck nach Nazareth. Ich hatte mir schon gedacht, dass er nicht so ein hübscher, süßer Kerl sein würde wie Raham. Von meiner Cousine wusste ich, dass er schon ziemlich alt war und sich nur für zwei Sachen interessierte: Für seine Zimmermannsarbeit und für Gott, beziehungsweise Gottes heiliges Gesetz, die Thora.
Er war nicht nur alt, sondern auch ziemlich klein. Sein Blick verriet nicht, was er über mich dachte. Ich hatte ja solche Angst vor ihm!
Als ihn meine Eltern fragten, was er zu tun vorhatte, sagte er: “Wir werden heiraten, so wie es unsere Familien beschlossen haben. Ich werde Maria zu mir nach Bethlehem nehmen. Die Hochzeitsfeier wird erst stattfinden, wenn sie das Kind zur Welt gebracht hat, mit dem sie jetzt schwanger ist.”
Wir sahen ihn dankbar an und meine Mutter wollte Josef vor lauter Glück umarmen. Doch er wehrte sie schroff ab und sagte: ”Dankt nicht mir. Dankt Gott!”
Auch mir gegenüber verhielt er sich ziemlich komisch: Er berührte mich kein einziges Mal – weder auf unserer beschwerlichen Reise nach Bethlehem, noch später, als ich in seinem Haus wohnte. Aber er sagte mir: “Weißt du: Als ich die Nachricht erhielt, dass du schwanger bist, wollte ich in aller Stille den Ehevertrag zwischen unseren Familien rückgängig machen, so dass du kein Leben in Schande führen musst. Doch dann erschien mir im Traum ein Engel Gottes. Der sagte: “Josef, du Sohn Davids, fürchte dich nicht, Maria, deine Frau, zu dir zu nehmen; denn was sie empfangen hat, das ist von dem Heiligen Geist. Und sie wird einen Sohn gebären, dem sollst du den Namen Jesus geben. Dies ist alles geschehen, damit sich das Wort des Propheten Jesaja erfüllt, der da sprach: “Eine Jungfrau wird schwanger werden.”
[spoiler2 title=’Fragen und Antworten‘ collapse_link=’true‘]
Wieso steht da nichts über den Erzengel Gabriel, und wie er der Maria verkündete, dass sie schwanger wird?
Dies liegt an den unterschiedlichen Weihnachtsüberlieferungen der Evangelien des Matthäus und des Lukas. Beide erzählen dieselbe Geschichte von der Geburt des Heilandes in Bethlehem als Sohn einer Jungfrau. Aber sie tun dies in derart unterschiedlicher Weise, dass sich ihre beiden Erzählungen nicht harmonisieren lassen: Während zB Matthäus klarstellt, dass Jesus zur Zeit der Regierung von Herodes dem Großen geboren worden sei, schreibt das Lukasevangelium, dass Jesus auf die Welt kam, als Kaiser Augustus die erste große Volkszählung in Judää und Galiläa durchführte, in der Zeit als Quirinius Statthalter von Syrien war. Da war König Herodes jedoch schon lange tot. Aufgrund dieser Widersprüche entschied ich mich für die mir „ursprünglicher“ erscheinende Weihnachtsgeschichten-Version. Dies ist die des Evangelisten Matthäus. Dort begegnet der Maria kein Engel.
Steht etwas über Marias Freundschaft mit Raham in der Bibel?
Nein. Aber es liegt natürlich nahe, dass ein blutjunges Mädchen, das schwanger wird, noch bevor es seinen Verlobten zu Gesicht bekommt, eine Vorgeschichte hat.
Da in der Weihnachtsgeschichte nach Matthäus nur Joseph mitgeteilt bekommt, dass Maria vom Heiligen Geist schwanger ist, kann sie nicht wie im Lukasevangelium unbeschwert Gott lobsingen, sondern rutscht voll in die Rolle des sündigen Mädchens hinein, inklusive der Qual durch Selbstzweifel.
War Maria nun von so einem Raham oder vom Heiligen Geist schwanger?
Da sowohl das Markus- als auch das Johannesevangelium die Mutter von Jesus für eine ganz normale Frau halten und von dem Naturwunder der Jungfrauengeburt nichts wissen (wollen), hat man als Glaubender die Qual der Wahl.
Letztlich entscheidet sich diese Frage daran, wofür man Jesus hält: War er eine Art Halbgott, der menschliche und göttliches Wesen in sich vereinigt? Oder war er „ganzer Mensch“ und „ganzer Gott“? Oder vielleicht nur ein besonderer Mensch?
In den letzten beiden Fällen wäre eine Jungfrauengeburt zumindest nicht notwendig.
Stimmt das mit Marias Schwester Salome und dem Fischer in Kapernaum?
Ja. Es steht zwar nicht explizit in der Bibel, aber man kann es mit etwas Detektiv-Spürsinn herausbekommen. Mehr dazu hier.[/spoiler2]
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[spoiler title=’Geburt Jesu‘ collapse_link=’true‘]
Ich war ja nicht so gebildet wie Josef. Und ich fand es immer noch seltsam, dass er seine zukünftige Frau so lange Zeit nicht ein einziges Mal berührte. Es war auch nicht schön zu erleben, wie mich Josefs nahe Verwandte aus Bethlehem behandelten – denn die konnten mit dem Propheten Jesaja leider nicht so viel anfangen wie er. Aber wisst ihr was? Im Grunde war es mir egal.
Denn die Schwangerschaft mit Jesus war die beste Zeit meines Lebens.
Kein einziges Mal wurde mir übel. Und auch wenn mein Bauch immer dicker wurde, spürte ich praktisch keine Beschwerden. Dafür erfüllte mich das heranwachsende Wesen in meinem Schoß mit einer solchen Lebendigkeit! Das kleine Jesuskind und ich – wir waren eine glückliche Welt für uns allein.
Nur dachte ich damals – weil Jesus ja mein erstes Kind war -, dass es immer so toll wäre, wenn man schwanger ist. Mich regte es auf, wenn andere schwangere Frauen jammerten und sich beklagten. Erst später verstand ich, dass ich damals etwas absolut Einmaliges erlebt hatte.
Die Geburt dagegen war eine grauenhafte Erfahrung; viel schlimmer als die meiner übrigen Kinder. Jesus war sehr groß und schwer, als er auf die Welt kam, und irgendwie ging alles schief. Ich hielt mich draußen bei den Tieren auf, als plötzlich heftige Wehen einsetzten. Ich konnte kaum noch einen Schritt gehen und schaffte es nicht bis zurück zum Haus. Ich stöhnte laut, die Ziegen meckerten, das Rind muhte und der Esel schrie, aber es dauerte lange, bis uns die anderen Frauen hörten. Keine hatte sich Sorgen wegen mir gemacht. Alle dachten, die Geburt würde bei mir so einfach werden, wie die Schwangerschaft gewesen war. So kam die Hilfe erst im letzten Augenblick. Mein Baby und ich hätten es fast nicht überlebt. Ob eine himmlische – oder teuflische – Macht verhindern wollte, dass dieses Kind lebend zur Welt kommt?
[spoiler2 title=’Fragen und Antworten‘ collapse_link=’true‘]
Warum wird zwar etwas über „Ochs und Esel“, aber nichts über Stall und Krippe berichtet?
Von einer Geburt Jesu im Stall ist nirgendwo in der Bibel die Rede.Das Lukasevangelium erzählt, dass das Jesuskind in einer Krippe gelegen hat. Diese befand sich, wenn man dem Text des Evangeliums folgt, noch auf dem Gelände der Herberge; dort, wo die Reit- und Nutztiere der Herbergsgäste „geparkt“ wurden.
Das Motiv des Jesuskindes in der Krippe scheint das Ergebnis eines überlieferungsgeschichtlichen Entwicklungsprozesses zu sein:
Die Krippe mit dem Jesuskind hatte ihren ursprünglichen Platz wohl nicht in der Geburtsgeschichte, sondern diente als Versteck vor den Häschern des Herodes beim Kindermord zu Bethlehem. So ist es im apokryphen Protevangelium des Jakobus überliefert.
Da dieser relativ naheliegende Verwendungszweck in klarem Widerspruch zur Überlieferung des Matthäusevangeliums stand, wurde die Krippe in eine schon vom Protevangelium erwähnte Geburtshöhle Jesu verlegt: Dies lässt sich bei Justinus Martyr (Mitte 2. Jh) nachlesen. Aus dieser immer noch recht holprigen Geburtsgeschichten-Version und anderen Quellen dürfte der Evangelist Lukas seinen Klassiker mit dem fehlenden Platz in der Herberge geformt haben.
Eine genauere Analyse der Entwicklung der lukanischen Weihnachtsgeschichte findet sich hier.
Im Matthäusevangelium ist von einer Krippengeburt nicht die Rede, sondern nur von einem Haus. Im Gegensatz zu Lk wird im Matthäusevangelium von der eigentlichen Geburt nichts erzählt. Sie scheint völlig unspektakulär und normal verlaufen zu sein, einige Zeit nachdem Josef seine schwangere Verlobte nach Bethlehem geholt hatte.
In der vorliegenden Erzählung verläuft die Geburt wesentlich dramatischer, weil die Vision von der Sonnenfrau aus Offb 12,2 auf Maria bezogen wurde. Ebenso die im Verlauf der Kirchengeschichte stets messianisch verstandene Passage aus Jes 1,3.
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[spoiler title=’Besuch aus dem Osten‘ collapse_link=’true‘]
Apropos “Kinder”: Am Anfang hätte ich niemals geglaubt, dass ich mit Josef mal so viele Kinder haben würde, denn er hatte ja gesagt, dass er mich nicht berühren würde. Außerdem fand er Frauenangelegenheiten grundsätzlich blöde und unfromm. Aber mein Glück, meine Fröhlichkeit und mein aufblühender Körper zogen ihn unwiderstehlich an. Später, als ich nach der Geburt von Jesus das Wochenbett verlassen hatte, war es mit seiner Zurückhaltung auch vorbei.
Aber vorher passierte noch etwas anderes.
Die Familie von Josef besaß eines der ältesten Anwesen in ganz Bethlehem. Vor langer Zeit hatte dies nur aus einer Höhle bestanden – später war ein Haus mit einem kleinen Innenhof darüber gebaut worden. Während es oben im Haus zur Sommerzeit heiß und im Winter kalt wurde, blieb die Temperatur unten in der Höhle schön ausgeglichen: Im Sommer kühl, im Winter konnte man sie heizen, und es wurde angenehm warm: Der ideale Ort eigentlich, um Kinder auf die Welt zu bringen. Hier stand auch mein Wochenbett.
Eines Abends hatten sich Josef und seine Familie aufgemacht, um mit anderen Angehörigen das Chanukka-Fest zu feiern. Ich war noch zu schwach, um mit zu gehen, und blieb alleine zu Hause. Immerhin konnte ich schon aufstehen und das kleine Jesuskind ein paar Schritte weit herumtragen.
Da hörte ich, wie oben in der Wohnung knarzend die Tür aufging. Die Stimme eines älteren Mannes sagte in einem fremdartigen Aramäisch: “Das kann unmöglich stimmen! In diesem Loch kommt kein erhabener König zur Welt.”
Eine andere Stimme antwortete ärgerlich: “Ist das jetzt der Zeitpunkt, um über Könige zu streiten? Ich kann dir nichts besseres anbieten.”
Fremde Männer im Haus! Offenbar hatte Josef vergessen, die Tür zu verriegeln. Wie nachlässig! Ich bekam Angst und versuchte, mich in einer Nische der Höhle zu verstecken. Aber die unbequeme Körperhaltung machte mir zu schaffen.
Eine dritte Männerstimme sagte: “Belsazar hat recht. Sieh dich doch um. Wer soll denn das glauben? Ich bin mit meiner Weisheit wahrhaftig am Ende!”
Die ärgerliche Stimme sagte nun in strengem Ton: “Dann lerne! – Sind wir dem Stern nicht tausend Meilen weit gefolgt?”
“Ja, sicher, aber…”
Die strenge Stimme sagte: “Hat uns dann nicht der König Herodes selbst die Geheimnisse der jüdischen Weisen offenbart, dass der neue König in dieser Stadt geboren werden muss?”
König Herodes? Hatten sich Leute in unser Haus verlaufen, die vorher bei König Herodes gewesen waren? Die Sache wurde immer unheimlicher.
Belsazar antwortete: “Gewiss, aber …”
Nun rief die strenge Stimme: “Und ist dann nicht der Stern genau da oben über uns stehengeblieben?”
Ich nahm all meinen Mut zusammen und rief: “Hallo? Wer ist da?”
Daraufhin stiegen die Männer die enge Treppe zu meiner Höhlenwohnung hinab. Sie waren schon ziemlich alt, hatten aber kostbare, ausländische Gewänder an. Der mit der strengen Stimme sagte in freundlichem Ton zu mir: “Verzeiht, dass wir bei euch eindringen. Wir sind Magier und Sterndeuter und kommen von weit her -”
Da wurde er von dem Dicken unterbrochen, den sie Belsazar nannten. Der rief: “Seht doch! Wie süß! Das könnte er vielleicht wirklich sein!”
Der dritte Mann, offenbar der älteste von ihnen, zweifelte: “Na, ich weiß nicht …”
Da drehte sich der Mann mit der strengen Stimme zu den beiden anderen um und fuhr sie an: “Lasst mich bitte ausreden!” Danach wandte er sich wieder zu mir und sagte freundlich: “Entschuldigen Sie, wenn wir so unangemeldet hereinplatzen, aber unser Besuch ist sehr wichtig. Der Himmel hat die Geburt eines großen Königs und Retters im Lande Juda angekündigt, und sein Stern hat uns bis hierher geführt.”
Ich stammelte: “Was? Zu mir?”
“Wir sind gekommen, um diesem kommenden König unsere Ehrerbietung zu zeigen.”
Der älteste der drei murmelte etwas in seinen Bart, was ich nicht verstand. Der Dicke aber strahlte mein Baby an und sagte: “Das gute, liebe Bobbelchen!”
Ich setzte mich auf das Lager, das mir als Wochenbett diente, und hielt dabei immer noch den kleinen Jesus im Arm. Der Mann mit der strengen Stimme sah seine Begleiter an und sagte: “Kniet nieder, Gefährten, und lasst uns dieses Kind anbeten.”
Dann geschah das Unfassbare: Die drei Alten fielen vor mir – bzw vor Baby Jesus – auf die Knie, genauso, wie man vor König Herodes auf die Knie fallen muss. Dann fing ihr Anführer an, in einem Singsang zu beten:
“Göttliches Kind!
Der Himmel hat uns zu dir geführt.
Du wirst Großes bewirken.
Hilf uns und allen Menschen
und nimm unsere bescheidenen Gaben an.”
Dann riefen alle drei im Chor: “Amen!”
Da erhoben sich die drei und gingen zu den Taschen, die sie am Eingang meiner Höhlenwohnung abgestellt hatten. Sie holten eine kleine Truhe und zwei kostbare Gefäße heraus und stellten sie auf den Boden vor meine Füße. Der Dicke, Belsazar, der mein Baby so gern hatte, zwinkerte mir zu und sagte: “Gold, Weihrauch und Myrrhe.”
Das waren unglaublich kostbare Geschenke! Ich starrte die Männer hilflos an: “Ich ich verstehe nicht … wie kann ich euch nur danken?”
Der Anführer der drei sagte feierlich: “Danke nicht uns, sondern dem höchsten Gott. Sein Stern und seine Weisung haben uns zu euch geführt.”
Der Lange wurde nun etwas ungeduldig: “Ich glaube, wir sollten nun gehen. Sonst kriegen wir kein Zimmer mehr in der Herberge. Es ist schon spät.”
Ihr Anführer erwiderte: “Ja, du hast recht.” Zu mir sprach er: “Der höchste Gott segne euch – und uns. Leb wohl und passe gut auf dieses Kind auf.”
Sie verneigten sich zum Abschied stiegen die Treppe hinauf. Ich hörte den Dicken noch sagen: “Habt ihr gesehen? Was für ein süßes Kind! Das muss der neue König sein, da bin ich ganz sicher!”
Und ich hatte ihnen nicht mal einen Becher Wasser angeboten.
Nachdem ich mir die Geschenke angesehen hatte, versuchte ich zu verstehen, was geschehen war:
- Meine seltsame Schwangerschaft, die harte Geburt
- die göttliche Stimme, die Josef gehört hatte
- und nun der Besuch der Sterndeuter aus dem Osten.
Ich sah den kleinen Jesus an. Was würde noch alles passieren?
Als Josef nach Hause kam, erzählte ich, was geschehen war. Er nickte ernst, aber ich konnte sehen, wie er sich über die Geschenke freute. Reich waren wir nämlich nicht.
Zwei Tage danach sagte Josef zu mir und zu seinen Angehörigen in Bethlehem: “Wir können nicht bleiben: Im Traum sprach Gottes Engel zu mir: ‘Steh auf, nimm das Kindlein und seine Mutter mit dir und flieh nach Ägypten und bleib dort, bis ich dir’s sage; denn Herodes hat vor, das Kindlein zu suchen, um es umzubringen.’”
Eilig brachen wir auf, zogen mit einer Karawane nach Ägypten, wo damals viele Juden wohnten, und lebten dort von den Kostbarkeiten, die uns die drei Sterndeuter aus dem Osten geschenkt hatten. Einige Zeit nachdem König Herodes gestorben war, kehrten wir zurück. Wir trauten uns aber nicht, wieder in Bethlehem zu leben, weil dort viele Kinder wegen Jesus getötet worden waren. Stattdessen zogen wir nach Nazareth in Galiläa, wo meine Verwandten wohnten.
[spoiler2 title=’Fragen und Antworten‘ collapse_link=’true‘]
Gab es diese Weisen überhaupt? Oder waren es nicht vielmehr Könige?
Wenn eine wundersame Geschichte in der Antike nicht nur als Märchen oder als Mythos, sondern als historisch stattgefundenes Ereignis gelten sollte, dann war es notwendig, dass Zeugen für das erzählte Geschehnis benannt wurden. Dies geschah auch bei den Geburtsgeschichten Jesu. Allerdings fällt auf, dass alle Quellen, die eine Geburtsgeschichte von Jesus erzählen, Personen benennen, die das Ereignis der Geburt des Gottessohnes (!) zwar hätten bezeugen können, aber kein Zeugnisrecht im juristischen Sinn besaßen:
- Das Matthäusevangelium erzählt von den Weisen aus dem Morgenland. Sie sind jedoch Ausländer/Nichtjuden und im übrigen nicht mehr greifbar (weil nach Babylonien bzw. Persien zurückgereist).
- Das Protevangelium des Jakobus erzählt von einer Hebamme, die jedoch streng verboten bekommt, das, was sie erlebte, weiterzuerzählen.
- Das Lukasevangelium erwähnt die Hirten. Ihr extrem niedriger Sozialstatus gestattete nicht, dass sie als Zeugen bei Prozessen zugelassen wurden.
Auch das leere Grab Jesu wird bezeichnender Weise von nicht zeugnisberechtigten Personen (Frauen) bezeugt.
Der Grund, warum in praktisch allen Quellen auf die Benennung von „mündigen“ Zeugen verzichtet wird, ist theologischer Natur: In der Ignoranz der Menschen gegenüber Jesus und seinen Zeugen zeigt sich das beim Propheten Jesaja vorhergesagte Gericht Gottes gegen das selbstherrliche Israel und all die, welche sich selbst für fromm, gerecht und unangreifbar halten:
Und der Herr sprach: Weil dies Volk mir naht mit seinem Munde und mit seinen Lippen mich ehrt, aber ihr Herz fern von mir ist und sie mich fürchten nur nach Menschengeboten, die man sie lehrt, darum will ich auch hinfort mit diesem Volk wunderlich umgehen, aufs Wunderlichste und Seltsamste, dass die Weisheit seiner Weisen vergehe und der Verstand seiner Klugen sich verbergen müsse. (Jes 29,13f)
Ich preise dich, Vater, Herr des Himmels und der Erde, weil du dies den Weisen und Klugen verborgen hast und hast es den Unmündigen offenbart.
Wie zuverlässig die Erwähnung der Geburtszeugen (zB der Weisen aus dem Morgenland) ist, lässt sich nicht sagen. Allerdings fällt auf, dass sich die unterschiedlichen Erzähler der Weihnachtsgeschichte nicht gegenseitig aufgreifen, sondern immer neue und ganz unterschiedliche Zeugen erwähnen. Spätestens der zeitlich jüngste Autor (der Autor des Lukasevangeliums) hätte wohl daran getan, wenn er die Berichte seiner Vorgänger wieder aufgegriffen und damit bestätigt hätte. Stattdessen benennt er wiederum neue Zeugen (die Hirten auf dem Felde).
Es drängt sich der Eindruck auf, als würde er selbst den Berichten seiner Vorgänger nicht so recht trauen.
Kurzum: Auch wenn man bei keiner biblischen Überlieferung generell ausschließen sollte, dass sie einen historischen Kern besitzt, so lässt sich dieser im Fall der Weisen aus dem Morgenland nicht mehr sicher erweisen. Es ist nicht auszuschließen, dass es sich dabei um eine fiktive Erzählung handelt, die zeigen will, dass sich mit der Geburt Jesu eine Reihe wichtiger, alttestamentlicher Verheißungen erfüllten, dass dies aber nur von Nichtjuden, also Unberufenen und (juristisch) Unmündigen erkannt wurde.
Mehr zu den Weisen, und wie aus ihnen die „drei heiligen Könige“ wurden, kann man auf Wikipedia nachlesen.
Die obenstehende Geschichte ist ein Auszug aus einer im Dossier „Weihnachten nach dem Matthäusevangelium“ enthaltenen Weihnachtsgeschichte.
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[spoiler title=’Asyl in Ägypten und Neuanfang in Galiläa‘ collapse_link=’true‘]
Dort hatten sich schreckliche Dinge ereignet: Direkt nach dem Tod von König Herodes machte das Volk einen Aufstand gegen die Römer und die Nachkommen von König Herodes. Sie wurden von dem bekannten Volkshelden Judas, Sohn des Ezechias, angeführt. Nachdem sie die Hauptstadt von Galiläa, Sepphoris, erobert hatten, rückte der römische Statthalter von Syrien, Varus, mit drei Armeen an und schlug den Aufstand auf grausame Weise nieder. Sepphoris wurde dabei völlig zerstört.
Auch Raham wurde bei dem Aufstand getötet.
Am Ende dieses Krieges ernannten die Römer den Herodes Antipas, Sohn des verstorbenen Königs Herodes, zum Fürsten von Galiläa und Peräa. Herodes Antipas beschloss, die Hauptstadt Sepphoris unter dem Namen “Autokratoris” wieder aufzubauen – schöner und herrlicher als je zuvor. Dafür suchte er jede Menge Bauarbeiter und Zimmerleute – wie zum Beispiel meinen Mann Josef. Da die Schätze der drei Männer aus dem Osten aufgebraucht waren, fing er an, auf der Riesenbaustelle von Sepphoris zu arbeiten.
Ich wohnte derweil in Nazareth und wurde wieder schwanger. Ich bekam noch drei weitere Söhne und auch Töchter. Eine große Familie! Für sie schuftete sich mein Mann Josef buchstäblich zu Tode. Jesus war uns keine große Hilfe, obwohl er – ganz im Gegensatz zu Josef (und zu Raham) – ein hochgewachsener Mann wurde: Ideal für einen Zimmermann, eigentlich.
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[spoiler title=’Mutter eines verpeilten Genies‘ collapse_link=’true‘]
Schon als Zwölfjähriger büchste er aus, als wir mit Tausenden von Pilgern das Passafest in Jerusalem feierten. Wir hatten ihn in der Menschenmenge auf dem Tempelvorhof aus den Augen verloren, dachten aber, dass er auf sich selber aufpassen und sich bei meinen galiläischen Verwandten aufhalten würde. So merkten wir erst, dass er verschwunden war, als wir schon auf dem Rückweg das Wadi Qelt Richtung Jericho durchstiegen. Josef, ich und die Kleinen mussten also wieder zurück zu unserem Zeltplatz in Bethanien. Während ich auf die quengeligen Töchter acht gab, versuchte mein Mann in der Stadt, seinen Erstgeborenen zu finden.
Das war ein Stress, bis wir ihn wieder hatten! Zwei Tage lang verlief die Suche erfolglos, und ich bekam eine solche Angst um ihn. Josef dagegen wurde richtig wütend. Am Abend des zweiten Tages sagte er mir, dass er jede noch so verlauste Ecke von Jerusalem abgegrast hätte, ohne Erfolg. Er wollte schon aufgeben. Ich bat ihn, noch einmal zusammen mit mir in den Tempel zu gehen, um Gott um Hilfe zu bitten.
Josef ging zum Beten in den Vorhof der Männer, ich in den Vorhof der Frauen. Dort befanden sich Durchgänge zu unterschiedlichen Gebäuden, in denen Sitzungen, Lehrgespräche, Versammlungen von Pilgergruppen stattfanden, oder in denen einfach Holz oder anderes, für den Tempelbetrieb wichtiges Material gebunkert wurde. In der sogenannten Quaderhalle, der Lishkath Hagazith, hatten sich etliche Leute eingefunden und führten eine intensive Debatte. Eine innere Stimme sagte mir: “Schau dir das an!” – und genau dort – mitten in einer Traube von Menschen – fand ich Jesus, der eifrig mitdiskutierte, Fragen stellte und seine Meinung klar machte.
Habe ich erwähnt, dass der Bursche damals zwölf Jahre alt war? Mit dreizehn, bei der Bar-Mitzwa-Feier, wäre er volljährig gewesen. Dann hätte er tun können, was er wollte. Mit zwölf jedoch stand er unter unserer Aufsicht. Doch statt auf uns zu hören, hatte mein Sohn tagelang im Tempel bei den Schriftgelehrten herumgelungert und mit denen spitzfindige Lehrgespräche geführt.
Ich war sauer. Darum tat ich etwas, das bei Jugendlichen in diesem Alter immer hervorragend ankommt: Konfrontation zu unpassenden Gelegenheiten! Ich drängelte mich durch die gelehrten Herrschaften, baute mich vor Jesus auf und sagte:
“Mein Sohn, warum hast du uns das angetan!?” Dabei deutete ich mit theatralischer Handbewegung in die Runde. “Schau, dein Vater und ich haben dich mit Schmerzen gesucht!”
Jesus erwiderte etwas sehr seltsames, das ich mir genau im Gedächtnis behielt. Erst viel später wurde mir klar, was er meinte. Er antwortete: “Wieso habt ihr mich gesucht? Ihr hättet doch gleich hierher kommen können. Wisst ihr denn nicht, dass ich in dem sein muss, was meinem Vater gehört?”
Die Schriftgelehrten, die meinem Sohn während der vorausgegangenen Debatte aufmerksam zugehört hatten und seinen Scharfsinn offenbar schätzten, machten verständnislose Gesichter. Auch ich verstand es nicht. Nur ganz kurz blitzte in meinen Gedanken die Frage auf: Weiß er, dass Josef nicht sein leiblicher Vater ist?
Doch dann stand Jesus auf, folgte mir, fügte sich, ertrug geduldig die schlechte Laune seines gesetzlichen Vaters und kam mit uns zurück nach Nazareth.
Lk 2,42ff
Danach lief es zwischen meinem Mann und seinem Erstgeborenen nicht mehr so gut. Obwohl ihm Josef das Zimmermanns-Handwerk beigebracht hatte und obwohl Jesus von seinem Körperbau her hervorragend für diesen Beruf geeignet war, half Jesus seinem Vater nicht besonders viel. Stattdessen verschwand er, als er erwachsen war. Ich erfuhr nachträglich, dass er sich auf den Weg zu Johannes dem Täufer an den Jordan gemacht hatte.
Mk 1,9
Er kehrte nur einmal für kurze Zeit nach Nazareth zurück, was ihn beinahe das Leben kostete. Josef bekam die Ereignisse genau mit. Danach hielt er seinen Sohn Jesus allerdings für meschugge.
Folgendes war passiert: Am Sabbat versammelten sich die Männer in der Synagoge. Die Schriftrolle des Propheten Jesaja wurde auf das Lesepult gelegt, und Jesus gehörte zu denen, die daraus vorlesen sollten. Dort stand:
Der Geist Gottes des HERRN ist auf mir, weil der HERR mich gesalbt hat. Er hat mich gesandt, den Elenden gute Botschaft zu bringen, die zerbrochenen Herzen zu verbinden, zu verkündigen den Gefangenen die Freiheit, den Gebundenen, dass sie frei und ledig sein sollen …
… und so weiter.
Die Stelle aus dem Prophetenbuch war allen bekannt: Die schöne Weissagung einer goldenen Zukunft, die sich leider so ganz anders anfühlte als die Gegenwart. Anstelle eines gesalbten Königs, der den Elenden gute Botschaft brachte, hatten wir eine arrogante Marionette der Römer als Fürsten von Galiläa. Und dieser Fürst – Herodes Antipas – hatte seiner neuen, alten Hauptstadt, an der auch mein Gatte als Zimmermann mit herumbaute, einen Namen gegeben, der ganz zu seinem rücksichtslosen Regierungsstil passte: “Auktokratoris”.
Jesus, als er die Stelle aus der Jesaja-Rolle vorgetragen hatte, machte nun nicht etwa Platz für seinen Nachfolger, welcher den darauf folgenden Abschnitt lesen sollte. Stattdessen nahm er die Schriftrolle, gab sie dem Synagogendiener und setzte sich auf einen freien Platz. Wie es ein Rabbi im Kreise seiner Jünger zu tun pflegt.
Alle spürten, dass noch was kommen würde. Erwartungsvoll starrten sie ihn an.
Jesus sprach: “Heute hat sich dieses Wort der Schrift erfüllt vor euren Ohren.”
Das war ungeheuerlich. Damit behauptete er nicht mehr und nicht weniger, als dass die Zeit des Messias gekommen wäre – die Endzeit. Die Zeit, in der ein von Gott Gesalbter auf der Bildfläche erscheint und alles Unrecht von der Welt tilgt, alle Menschen Gottes Gerechtigkeit lehrt, alle übermächtig erscheinenden Feinde besiegt und uns, das Volk Israel, in eine heilige Priesterschaft für die ganze Welt verwandelt.
War das nicht absurd zu behaupten, dass diese Endzeit ausgerechnet jetzt gekommen war, wo Herodes Antipas mit römischer Hilfe das Land aussaugte? Nur ein sehr großer Weiser oder Rabbiner besaß vielleicht die Vollmacht, das zu beurteilen. Aber der junge Mann, der dies hier behauptete, war kein großer Weiser. Den kannten sie.
“Das ist doch dem Josef sein Sohn, der ihm vor einiger Zeit von der Baustelle abgehauen ist, nicht wahr?”
“Stimmt doch, Josef, oder?”
“Arbeitsscheu, aber große Klappe – was!?”
Jesus blieb ungerührt. Mit seiner lauten Stimme setzte er sich gegen die Leute durch und sagte:
“Ja, klar doch: Kein Prophet gilt etwas in seiner Heimatstadt.
Ihr erwartet große Zeichen des Himmels. Die Endzeit, in der der Gesalbte kommt, sollte doch kaum zu übersehen sein, denkt ihr. Aber ihr denkt falsch.
An den Propheten Elia solltet ihr euch erinnern: Zu seiner Zeit regnete es dreieinhalb Jahre lang nicht und es herrschte eine große Dürre. Die Nahrungsmittelpreise gingen durch die Decke. Viele verwitwete, mittellose Frauen konnten ihr Essen nicht mehr bezahlen und waren vom Hungertod bedroht.
Der große Prophet Elia wurde aber nur zu einer Witwe geschickt, um ihr zu helfen. Und die lebte nicht mal in Israel, sondern im Gebiet der Sidonier, in Sarepta.
Oder später, beim Propheten Elischa, als es hierzulande jede Menge Aussätzige gab. Keinen von ihnen sollte Elischa heilen, sondern er wurde nur zu einem Syrer – Naeman – geschickt, um ihn rein zu machen!
Lk 4,16ff
Wenn ihr auf klare Zeichen des Himmels wartet, dann wartet ihr vergeblich. Der Menschensohn kommt unerwartet. Es wird so sein wie kurz vor der Sintflut: Die Leute aßen, tranken, trieben es miteinander und merkten überhaupt nichts bis zu dem Tag, als Noah in die Arche stieg. Und danach ersoffen sie alle.“
Mt 24,36ff
Mit diesen harschen Worten brachte Jesus die Leute in der Synagoge endgültig auf die Palme. Sie sprangen von ihren Sitzen, schubsten ihn aus der Synagoge hinaus und hätten ihm wer weiß was angetan. Aber irgendwie gelang es Jesus, sich ihrem Zugriff zu entziehen und zu verduften.
Lk 4,28f
Josef kam nach Hause und berichtete mir alles. Er sagte: “Der Jesus war ja schon immer verpeilt – denk an die Sache im Tempel von Jerusalem -, aber seitdem er bei diesem Täufer am Jordan war, ist er vollends übergeschnappt.”
Danach redete er kaum noch von Jesus, und wenn, dann meistens im Gespräch mit meinen jüngeren Söhnen, Jakobus und Joses und so weiter. Er sagte dann meistens: “Hört mal, Jungs, was die Leute aus Kapernaum von eurem meschuggenen Bruder berichten …”
Mk 3,21b
Einmal gelang es mir, ihn persönlich zu treffen. Damals hatte er schon einige Anhänger. Mit denen besuchte er im Nachbardorf Kana eine Hochzeitsfeier. Mir gegenüber verhielt er sich damals sehr ablehnend und verletzend: Er verhielt sich so, als wäre ich gar nicht seine Mutter, und wollte mit mir nichts zu tun haben! Doch am Ende tat er doch, was ich wollte.
Nicht viel später starb Josef bei einem Arbeitsunfall. Meine anderen Söhne hatten noch keinen Beruf gelernt. Also musste ich Jesus suchen gehen, damit er die Nachfolge seines Vaters antrat und so die ganze Familie versorgte. Arbeit für Zimmerleute gab es damals genug.
Meine Söhne sagten: “Das hat keinen Zweck, Mama. Der ist doch meschugge!”
Ich erwiderte: “Wollt ihr etwa verhungern? Wenn er meschugge ist, dann müssen wir ihn eben zur Vernunft bringen, damit er seine Arbeit ordentlich erledigt.”
Mk 3,21
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[spoiler title=’Jüngerin wider Willen‘ collapse_link=’true‘]
Wir wanderten also an den See Genezareth, wo Jesus Wundertaten vollbrachte und den Leuten irgendwelches Zeugs vom Reich Gottes erklärte.
Doch dann kam der Hammer: Als ich Jesus ausrichten ließ, dass er mal bitte zu seiner Familie kommen solle, sagte er, dass nicht wir, sondern seine Jünger seine richtige Familie seien.
Ich war wie vor den Kopf geschlagen! Was hatte ich mich für den Jungen abgerackert … und jetzt das!
Abgesehen davon: Was sollten wir machen? Wovon sollten wir leben?
Zum Glück war auch meine große Schwester Salome da, die Mutter von zwei wichtigen Jüngern von Jesus: Jakobus und Johannes. Die tröstete mich und kümmerte sich erst mal um uns.
Da Jesus uns nicht zurück nach Nazareth begleitete, um in der Gegend dort als Zimmermann zu arbeiten, blieb uns nichts anderes übrig, als ihm und seinen Jüngern nachzufolgen.
Mk 3,31ff
Meine Kinder, die mit nach Kapernaum gekommen waren, vertrauten ihm zuerst nicht.
Später jedoch, als Jakobus, Simon und Josef die Zeichen und Wunder erlebten, die um Jesus herum geschahen, fingen sie an, ihrem großen Bruder Ratschläge zu erteilen, wie er seine Sache noch besser machen könnte.
Joh 7,1-9
Im Lauf der Zeit verstand ich besser, warum Jesus mich so zurückgewiesen hatte. Mir wurde klar, was das Besondere an ihm war. Gott hatte ihn wirklich auserwählt.
Jesus heilte viele Menschen, er kümmerte sich um die Verachteten und Armen und sagte, dass die Herrschaft Gottes begonnen hätte. Salome glaubte sogar, dass Jesus der Nachkomme von König David wäre, der als Gesalbter Gottes die Endzeit, das Reich Gottes regieren würde. Immerhin stamme ja auch mein Mann Josef, Jesus’ gesetzlicher Vater, von König David ab.
Mt 20,20f
Ja, vielleicht war Jesus wirklich unser Retter – ganz so, wie Josef ihn nach seiner Geburt genannt hatte, denn der Name Jesus bedeutet “Retter”.
Mt 1,25
Ich gewann meinen Sohn wieder lieb, und auch wenn er seine leibliche Familie in keiner Weise gegenüber seinen anderen Jüngern bevorzugte, sorgte er für mich bis ganz zuletzt.
Joh 19,25ff
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[spoiler title=’Den Tod des eigenen Kindes vor Augen‘ collapse_link=’true‘]
Ja, zuletzt! Als Jesus nach Jerusalem zum Passafest gezogen war, passierten schreckliche Dinge.
Die meisten Leute in Jerusalem glaubten nicht, dass Jesus von Gott gesandt war. Sie zickten mit ihm herum – besonders, nachdem er im Tempel auf die Geldwechsler und Händler losgegangen war, sie beleidigt, verprügelt und aus dem Tempelvorhof hinausgetrieben hatte.
Mk 11,15ff
Schließlich wurde er verraten und gefangen genommen. Der Hohe Rat machte mit ihm kurzen Prozess.
Mt 26,47ff
Die Behörden versuchten auch, die Jünger von Jesus zu fangen, die sich deshalb versteckten. Wir Frauen wurden nicht verfolgt. Manchmal ist es nützlich, wenn man als Frau nicht ganz für voll genommen wird!
Mt 26,69ff
Jesus wurde derweil von den Römern zum Tode verurteilt.
Mt 27,11ff
Im Hof der Burg Antonia folterten sie meinen armen Sohn und peitschten ihn aus mit diesen widerlichen Römerpeitschen. Die haben Metallstücke vorne an den Geißeln, damit sie dem Opfer besonders weh tun.
Danach musste Jesus das Kreuz, an das sie ihn nageln wollten, durch die halbe Stadt schleppen. Blut lief ihm über das Gesicht. Es kam von der Dornenkrone, die sie ihm in die Stirn gedrückt hatten.
Mt 27,26ff
Er war von der Folter geschwächt und brach irgendwann unter der Last des Kreuzes zusammen. Da schnappten sich die Römer einen Mann, der am Straßenrand zuschaute, einen gewissen Simon. Der musste das Kreuz von Jesus bis zur Hinrichtungsstätte schleppen.
Lk 23,26f
Schließlich mußte ich mitansehen, wie sie meinen geliebten Sohn nackt auszogen und kreuzigten. Viele machten sich über ihn lustig, während er starb. Es war der reine Horror. Es dauerte mehrere Stunden, bis Jesus elend zugrunde gegangen war.
Mk 15,22ff
Ich bin jedoch eine starke Frau: Ich habe alles mitangesehen. Ich bin nicht davongelaufen und nicht vor Trauer zusammengebrochen! Nicht nur der Tod von Jesus war schlimm für mich, sondern auch die Vorstellung, dass wir ihn nicht ordentlich begraben konnten. Denn seine am Kreuz hängende Leiche wurde noch von römischen Soldaten bewacht. Außerdem war es Freitagnachmittag. In wenigen Stunden – wenn der Abendstern am Himmel erschiene – würde der Sabbat anbrechen, an dem man laut unserem Gesetz keine körperliche Arbeit mehr tun darf. Anderthalb Tage Zeit für die Vögel, an der verwesenden Leiche von Jesus herumzupicken!
Doch da kam zum Glück ein Mitglied des Hohen Rates, Simon von Arimathäa. Er zeigte eine Erlaubnis der Römer vor, die ihn berechtigte, Jesus beizusetzen.
Er beeilte sich, denn es war inzwischen kurz vor Sonnenuntergang. Simon zog die Nägel aus Jesus heraus, wickelte ihn in ein großes Leintuch und schaffte ihn in seine neue Familiengruft, die sich ganz in der Nähe der Kreuzigungsstätte befindet. Zum Abschluss rollte er einen schweren Stein vor die Grabstätte.
Wir Frauen beobachteten das alles genau und nahmen uns vor, früh am Morgen nach dem Sabbat zu dieser Gruft zu schleichen, hineinzusteigen und Jesus dann richtig einzubalsamieren und zu bestatten.
Mk 15,42ff
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[spoiler title=’Bis in die Unendlichkeit und noch viel weiter‘ collapse_link=’true‘]
Sonntags eilten wir ganz früh zum Grab. Wir trauten unseren Augen nicht: Jemand war vor uns eingebrochen: Der Stein vor dem Grab war weggewälzt.
Doch als wir voller Angst näherkamen, saß da ein junger Kerl in einem leuchtenden Gewand. Der zeigte uns die Stelle, wo die Leiche von Jesus gelegen hatte. Nur noch das Leinentuch war da. Der junge Mann sagte, dass Jesus auferstanden ist: „Richtet das den anderen Jüngern aus!“
Da sind wir alle – außer Maria von Magdala – zurückgelaufen und haben es den Männern gesagt. Die glaubten uns aber nicht und meinten nur: „Weibergeschwätz!“ Allein Simon Petrus lief hinaus und fand das Grab leer.
Lk 24,1ff
Doch bald danach erschien der Auferstandene den Jüngern und ganz vielen Leuten, und sie begriffen, dass wir keinen Unsinn geredet hatten.
1.Kor 15,3ff
Während der nächsten Wochen, als immer mehr Menschen Begegnungen mit dem Auferstandenen hatten, konnte ich meine übrigen Söhne davon überzeugen, dass Jesus der Herr und der Sohn Gottes ist, und dass der Platz unserer Familie nicht in Nazareth und auch nicht in Kapernaum, sondern in Jerusalem, bei den Aposteln und den ehemaligen Jüngern von Jesus war. Auch Salome blieb mit ihren Söhnen hier. So trafen wir uns jeden Tag im Obergeschoss eines großen Hauses, aßen und beteten miteinander.
50 Tage nachdem Jesus vom Tode auferstanden war, am jüdischen Wochenfest, geschah es, dass uns beim gemeinsamen Gebet der Geist Gottes in einem feurigen Brausen derart mitriss, dass einigen von uns ganz seltsame Dinge passierten. Leute, die sich bisher vor Angst kaum zu rühren gewagt hatten, fingen an, frei und öffentlich zu reden. Vor allem Simon, der Jesus dreimal verleugnet hatte, tat sich hervor. Mutig und unerschrocken wandte er sich an das Volk, und viele fingen an, auf Jesus, den Auferstandenen zu vertrauen.
So wurden wir aus einem Häuflein ehemaliger Jünger zur ersten christlichen Gemeinde.
Apg 1,12f; Apg 2
Ich blieb in den folgenden Jahren bei dem Jünger, den Jesus besonders lieb gehabt hatte, in der Nähe von Jerusalem. In dieser Zeit wurde mein jüngerer Sohn, Jakobus der Kleine, zu einer wichtigen Führungspersönlichkeit in der Jerusalemer Gemeinde.
Joh 19,25ff
Wo ich begraben liege, das weiß kein Mensch – denn ich habe zwei Häuser, in denen ich gestorben sein soll. Die liegen mehr als 1000 km voneinander entfernt.
Einige sagen, dass mich Johannes, der Lieblingsjünger, mit sich genommen hat bis nach Ephesus, wo auch Paulus lebte. Dort bin ich friedlich gestorben. Und danach in den Himmel aufgefahren.
http://de.wikipedia.org/wiki/Haus_der_Mutter_Maria
Andere sagen, dass ich in Jerusalem geblieben bin und in dem Raum auf dem Zionsberg, in dem Jesus mit den Zwölfen Abendmahl gefeiert hatte, im Kreise der Urgemeinde starb. Ich sei dann am Fuß des Ölberges in einer Gruft bestattet worden, wo auch meine Eltern und Josef begraben liegen.
Nur mein Grab fehlt heute. Denn, so berichteten fromme Menschen, Jesus hätte mich nicht im Tode gelassen, sondern zuerst meine Seele zu sich gerufen und später, als ich drei Tage begraben war, auch meinen Leib.
http://de.wikipedia.org/wiki/Mariengrab
Viel wichtiger als die Umstände meines Todes ist, dass ich immer noch – vom Himmel Gottes aus – in das Leben von euch Menschen eingreife: Sehr, sehr viele Christen berichten davon: von Heilungen, Wundern und himmlischen Botschaften. Sie führen sie auf meine Einwirkung zurück. Überall in der Welt gibt es Marien-Wallfahrtsorte. Dorthin fahren Menschen, die durch mich von Krankheiten geheilt werden wollen.
Außerdem steht in jeder katholischen Kirche eine Statue von mir.
In diesem Sinne: Maria ist tot – lang lebe Maria!
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Nach meiner Erfahrung gibt es zum Thema Maria, insbesondere zu dieser Maria-Geschichte, viele Fragen. Einige davon habe ich an den Abschnittenden schon zu beantworten versucht.
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